Aktuelles aus Berlin

Friedrich Merz MdB, Vorsitzender

Bericht des Vorsitzenden zur Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag am 20. Februar 2024

 

1. Kernbotschaften der Woche

Unser Leitantrag der Woche: „Für eine echte Zeitenwende in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik“

Zwei Jahre ist es her, dass Russland am 24. Februar 2022 mit seinem brutalen Angriff auf die Ukraine den Krieg in katastrophalem Ausmaß zurück auf unseren Kontinent gebracht hat. Die Ukrainer kämpfen auch für unsere Werte, die liberale, regelbasierte Ordnung und somit für die Sicherheit ganz Europas.

Trotz dieser Bedrohungslage ist Deutschland von einem strategischen Paradigmenwechsel weit entfernt. Die vom Bundeskanzler in seiner Rede vom 27. Februar 2022 ausgerufene „Zeitenwende“ ist über das Stadium der Ankündigung nicht hinausgekommen. Die „Nationale Sicherheitsstrategie“ der Bundesregierung kratzt nur an der Oberfläche und zieht keine operativen Schlussfolgerungen für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik. Die Bundesregierung verschleppt notwendige strukturelle Anpassungen wie die Einrichtung eines „Nationalen Sicherheitsrates“. Ein Konzept für die staatliche Gesamtverteidigung, das auch den Zivil- sowie Bevölkerungsschutz berücksichtigt, sowie eine Gesetzgebung für den besseren Schutz kritischer Infrastrukturen, werden in Ressortstreitigkeiten verschleppt. Der Verteidigungshaushalt erfüllt nur kurzzeitig und mit Rechentricks das 2-Prozent-Ziel der NATO.

Die Zeit drängt. Die Bedrohungslage erfordert jetzt entschlossenes Handeln der Bundesregierung, national und in Europa. Noch zwei weitere Jahre Zeitenwende in Zeitlupe kann sich unsere Sicherheit nicht leisten. Deutschland muss verlässlich seinen sicherheitspolitischen Beitrag im europäischen und transatlantischen Bündnis leisten. In Europa muss Deutschland endlich gemeinsam mit Frankreich und Polen im Rahmen des „Weimarer Dreiecks“ Verantwortung übernehmen.

Wirtschaftswende jetzt – Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft.

Die Weltwirtschaft wächst. Derweil trüben sich die Aussichten für die deutsche Volkswirtschaft im Jahr 2024 weiter stark ein. Schon im Jahr 2023 schrumpfte sie um 0,3 Prozent, das produzierende Gewerbe sogar um 1,5 Prozent. Zahlreiche Unternehmen verlagern Teile oder gar die gesamte Produktion aufgrund der hierzulande ungünstiger werdenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in das europäische oder außereuropäische Ausland. Die Ampel-Regierung hat Deutschland auf einen Pfad der Rezession, der Deindustrialisierung und des wirtschaftlichen Abstiegs geführt.

Deutschland braucht jetzt eine Wirtschaftswende. Wir sind ein starkes Land mit viel ökonomischer Substanz, tatkräftigen Arbeitnehmern und innovativen Unternehmen. Zur Entfaltung dieser Stärke muss die Bundesregierung die Rahmenbedingungen des Standorts Deutschland deutlich verbessern. Der Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz MdB und der Erste Stellvertretende Vorsitzende Alexander Dobrindt MdB haben den Bundeskanzler in einem Brief aufgefordert, neben mittel- und langfristigen Maßnahmen zur Stärkung der strukturellen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft jetzt ein Paket aus Sofortmaßnahmen auf den Weg zu bringen, um den Standort Deutschland zu sichern und zu stärken. Diese Vorschläge stellen wir mit einem Antrag zur Abstimmung im Bundestag und fordern die Koalitionsfraktionen dazu auf, sich diesem anzuschließen.

Unser Sofortprogramm umfasst 12 Punkte, darunter die steuerliche Begünstigung von Überstunden für Vollzeitbeschäftigte; die Einführung von strengeren Sanktionen für Bürgergeldbezieher, wenn die Arbeitsaufnahme verweigert wird; die vollständige Rücknahme der von der Bundesregierung geplanten Steuererhöhung für Landwirte; sowie die dauerhafte Senkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum (0,05 Cent/kWh) und die Halbierung der Netzentgelte.

Bezahlkarte jetzt rechtssicher einführen – Blockade beenden.

Mit der Bezahlkarte sollen Barauszahlungen an Leistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eingeschränkt und dadurch Möglichkeiten zum Missbrauch der staatlichen Unterstützung – etwa in Form von Zahlungen an Schlepper oder Überweisungen ins Ausland – erschwert werden. Asylbewerber erhalten nicht weniger Leistungen, sondern diese nur in anderer Form. Zugleich können Bezahlkarten dazu beitragen, den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen zu reduzieren.

Ende Januar hat die Arbeitsgruppe der Länder einen wichtigen Schritt in Richtung einer bundesweiten Einführung einer Bezahlkarte genommen und gemeinsame Rahmenbedingungen beschlossen. Damit die Bezahlkarte bundesweit volle Wirkung entfalten kann, braucht es Änderungen des Asylbewerberleistungsgesetzes. Doch wieder einmal streitet die Ampel über die nötigen nächsten Schritte. Die Grünen haben erklärt, keiner Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes zustimmen zu wollen. Das führt dazu, dass das Vorhaben im Streit der Ampel feststeckt.

Die Grünen müssen ihre ideologisch motivierte Blockade sofort beenden. Dies werden wir in einer „Aktuellen Stunde“ einfordern. Es ist unverantwortlich, dass die Grünen diese Gesetzesänderung nun blockieren – entgegen den Verabredungen in der eigenen Koalition. Wir fordern den Bundeskanzler dazu auf, endlich für Ordnung in seiner eigenen Koalition zu sorgen und diese wichtige Maßnahme zur Begrenzung der irregulären Migration endlich auf den Weg zu bringen.

Cannabislegalisierung stoppen, Gesundheitsschutz verbessern – Aufklärung, Prävention und Forschung stärken.

In dieser Woche will die Ampel-Koalition in abschließender zweiter und dritter Lesung die Legalisierung von Cannabis beschließen. Cannabis soll künftig nicht mehr zu den verbotenen Substanzen nach dem Betäubungsmittelgesetz gehören, Besitz und Konsum bleiben unter bestimmten Bedingungen straffrei.

Die geplante Cannabislegalisierung ist gesundheitspolitisch fatal und im höchsten Maße verantwortungslos. Mit dieser Einschätzung sind wir auf der Seite des überragenden Teils der Fachwelt. Unter anderem haben sich die führenden Verbände der Kinder- und Jugendmediziner, der Kinder- und Jugendpsychiater, die Bundesärztekammer, die Gewerkschaft der Polizei, der Bund Deutscher Kriminalbeamten, der Berufsverband der Lehrkräfte und Pädagogen sowie viele weitere Verbände mit dem eindringlichen Appell „Aus Verantwortung zu unserem Land - die geplante Cannabislegalisierung stoppen“ gegen das Gesetz ausgesprochen. Auch die Ständige Konferenz der Innenminister und ‑senatoren der Länder lehnt die geplante Cannabislegalisierung einhellig und eindrücklich ab.

Die Gründe für die Ablehnung der geplanten Cannabislegalisierung sind vielfältig: Sie reichen von erheblichen Gesundheitsrisiken – insbesondere für die Entwicklung Jugendlicher und junger Erwachsener – über völlig irreale Hoffnungen der Befürworter, den Schwarzmarkt austrocknen zu können. Hinzu kommen viele offene Fragen über Folgewirkungen eines legalen Cannabiskonsums im Straßenverkehr oder am Arbeitsplatz. Der Drogenpolitik der Ampel begegnen wir mit einer klaren Antwort: Nicht mit unseren Kindern!

 

2. Die Woche im Parlament

2.1 Initiativen unserer CDU/CSU-Fraktion

Verlängerung der Arbeit der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“.  In dieser Woche debattieren wir den Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“. Die Enquete hat bereits jetzt – nicht zuletzt dank der engagierten Arbeit der CDU/CSU-Mitglieder der Kommission – einen maßgeblichen Beitrag zur Aufarbeitung der Stärken und Schwächen des vernetzten Ansatzes leisten können. Diese wichtige Arbeit sollte unbedingt fortgeführt werden.

Mit Entschlossenheit für neues Vertrauen und eine gemeinsame Sicherheits- und Europapolitik in den deutsch-polnischen Beziehungen sowie eine Neuaufstellung des Weimarer Dreiecks eintreten. Wir freuen uns über den Erfolg unserer EVP-Schwesterpartei Bürgerplattform (PO) bei den Parlamentswahlen in Polen. Daraus ergibt sich eine einmalige Gelegenheit zur Neubelebung der deutsch-polnischen Beziehungen. Die Ampel lässt diese Möglichkeit jedoch ungenutzt verstreichen. Hinzu kommt eine in zentralen Ämtern neu aufgestellte französische Regierung, die offensichtlich gewillt ist, die unter Bundeskanzler Scholz verschlechterten deutsch-französischen Beziehungen wieder erstarken zu lassen. Die Lage ist also günstig, um dem Weimarer Dreieck wieder neue Bedeutung zu verschaffen – nur zieht die deutsche Ecke partout nicht mit. Mit unserem Antrag fordern wir, dass die Bundesregierung sich wieder verstärkt der Pflege der deutsch-polnischen und deutsch-französischen Beziehungen widmet und das Weimarer Dreieck hierfür wieder aufleben lässt.

Deutschland braucht sichere Grenzen – Nationale Grenzkontrollen verlängern, bis EU-Außengrenzen wirksam geschützt sind.  Seit dem 16. Oktober 2023 hat die Bundesregierung endlich Kontrollen an den EU-Binnengrenzen zu Polen, Tschechien und zur Schweiz angeordnet – zusätzlich zu Österreich, wie bisher auch. Diese Grenzkontrollen waren angesichts der Migrationslage überfällig und zeigen Erfolge bei der Steuerung und Begrenzung der irregulären Migration. Allerdings sind die Grenzkontrollen laut den Ankündigungen der Bundesregierung gegenüber der EU aktuell nur bis zum 15. März 2024 vorgesehen. Mit unserem Antrag stellen wir fest: Deutschland kann es sich nicht erlauben, nach diesem Zeitpunkt auf den Schutz seiner Grenzen zu verzichten. Die Bundespolizei hat die Maßnahmen erfolgreich begonnen und sollte sie über den 15. März fortführen – zumal im Frühling und Sommer in der Regel mit zunehmendem Migrationsdruck zu rechnen ist. Deutschland braucht solange sichere Grenzen, wie der Schutz der EU-Außengrenze nicht vollständig funktioniert.

Wiederaufbau im Ahrtal durch Anpassungen bei der Aufbauhilfe 2021 beschleunigen. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche erstmalig beraten – fordern wir eine generelle Anpassung der Regelungen für die Wiederaufbauhilfe im Ahrtal nach der verheerenden Flut von 2021. Der Bund und die Länder haben in großer Solidarität sehr schnell erhebliche Mittel für den Wiederaufbau nach den Flutereignissen im Juli 2021 zur Verfügung gestellt. Nach zweieinhalb Jahren fällt jedoch auf, dass der Wiederaufbau im Ahrtal wesentlich schleppender verläuft als in den anderen betroffenen Regionen. Das liegt auch an dem hohen Grad der Zerstörungen, der in diesem Umfang nur im Ahrtal vorliegt. Eine weitere wichtige Rolle spielen aber auch Umsetzungsmängel auf Seiten der Landesregierung. Wir fordern die Bundesregierung auf, gezielte Gespräche mit dem Land Rheinland-Pfalz aufzunehmen. Im Fokus sollen dabei praktische Erleichterungen und Verbesserungen bei der Abwicklung der Wiederaufbauhilfe stehen. Dies betrifft etwa die Zusammenlegung mehrerer gleichartiger Anlagen, die verbesserten Übernahme der Kosten von Aufrüstungen auf den aktuellen technischen Stand und die Vorfinanzierung von Projekten durch die Kommunen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Bundestag über den Fortschritt dieser Gespräche laufend zu unterrichten.

Für transparente Verhandlungen über das WHO-Pandemieabkommen – Gegen Fehlinformationen und Verschwörungstheorien. Mit unserem Antrag, den wir in dieser Woche erstmalig beraten, fordern wir die Bundesregierung auf, in den Verhandlungen über ein Pandemieabkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) konsequent für den Präventionsansatz – der umfassenden Vorbeugung von Pandemien – einzutreten. Die WHO muss durch das Abkommen handlungsfähiger werden, wobei ihre Befugnisse klar abgegrenzt und die zentrale Rolle der Mitgliedsstaaten und die Rechte der Bürger gewahrt sein sollen. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass die Umsetzung des Abkommens in Übereinstimmung mit der nationalen Gesundheitspolitik der Mitgliedsstaaten erfolgt und einzelstaatliche Souveränitätsrechte vollumfänglich bestehen bleiben. Darüber hinaus fordern wir die Bundesregierung auf, auf eine enge Abstimmung zwischen dem Globalen Pandemieabkommen und den Internationalen Gesundheitsvorschriften zu dringen.

Fußball-EM 2024 – Volle Unterstützung für ein neues Sommermärchen. Mit unserem Antrag greifen wir die bevorstehende Fußball-EM der Männer in Deutschland sportpolitisch auf. Wir werfen Fragen zu Defiziten in der Organisation auf und fordern Konzepte zur Nachhaltigkeit und vor allem zur Sicherheit des Turniers ein. Darüber hinaus appellieren wir an den DFB, auf eine stärkere Verbundenheit der Nationalmannschaft mit ihren Fans hinzuwirken. Aufgrund unseres Antrags wird sich der Deutsche Bundestag erstmals mit der EURO 2024 befassen. Wir stellen die Fragen, die für ein Gelingen des Turniers unerlässlich sind.

In dieser Woche beraten wir zwei wichtige Anträge unserer Fraktion zum Thema Kernfusion: Stärkung der Fusionsforschung auf Weltklasseniveau und Für einen pragmatischen, innovationsfreundlichen Rechtsrahmen für Fusionskraftwerke in Deutschland und Europa. Die öffentliche Debatte um die Energieversorgung der Zukunft ist seit geraumer Zeit geprägt vom Ausschließen von Energiequellen. Wer aussteigt, muss jedoch auch kraftvoll in Neues einsteigen können. Als Hochtechnologiestandort ist Deutschland auf eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen angewiesen. Die Fusionsenergie kann mittel- und langfristig zu einem Gamechanger werden. Die Bundesrepublik Deutschland betreibt seit Jahrzehnten intensive Grundlagenforschung im Bereich der Plasmaphysik und Fusion. Zuletzt haben die rasanten internationalen wissenschaftlichen Fortschritte u.a. dazu geführt, dass mehrere kommerzielle Unternehmen auch in Deutschland gegründet wurden, sowohl auf der Seite der laserinduzierten Trägheitsfusion als auch auf der Seite der magnetbasierten Verfahren. Die Finanzierung von Fusionstechnologie durch private Investoren zeigt die nächste Stufe auf dem Weg zu kommerziellen Kraftwerken, da diese Investoren bereits Erträge aus dieser Technologie erwarten. Durch die Arbeitsweise von Startups wird die Entwicklung zudem beschleunigt - wie es in anderen Technologiefeldern bereits zu sehen war. Damit rückt die Nutzbarmachung von Fusionsenergie näher, wenngleich noch immer ein erheblicher Forschungs- und Entwicklungsaufwand besteht. Die Bundesregierung muss diese Chance nutzen und eine Strategie für die Nutzbarmachung von Fusionsenergie in Deutschland auf international wettbewerbsfähigem Niveau erarbeiten. Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur Fusionsenergie.

Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen. Mit unserem Antrag fordern wir einen Paradigmenwechsel in der nationalen Prostitutionsgesetzgebung. Dazu soll ein Drei-Säulen-Modell – angelehnt an das sogenannte Nordische Modell – in Deutschland eingeführt werden. Zentrale Säulen dieses Models sind: Der Ausbau von Präventions- und Ausstiegsangeboten, die Einführung einer Strafbarkeit für den Kauf sexueller Dienstleistungen, sowie die Stärkung der Durchsetzungsautorität der Verwaltungs- und Vollzugsorgane. Die Strukturen des Prostitutionsmilieus sind bis auf wenige Ausnahmen selbstbestimmter Prostituierter zutiefst menschen- und frauenverachtend. Der überwiegende Mehrheitsanteil der Prostituierten ist Teil der unfreiwilligen Armuts- und Elendsprostitution und damit täglich sexueller Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch schutzlos ausgeliefert. Dies betrifft insbesondere Frauen, die laut Schätzungen über 90 % der von Sexkauf betroffenen Personen ausmachen. Aktuelle Zahlen und Berichte von Experten und Betroffenen belegen, dass weder das Prostituiertengesetz noch das Prostituiertenschutzgesetz das Ziel, die Lebensumstände für die Betroffenen zu verbessern, erreicht hat. Der Versuch, die Prostitution als einen normalen Beruf zu etablieren, ist selbst unter Einbindung weitreichender Verwaltungs- und Strafvorschriften gescheitert. Unter den aktuellen Umständen kann der Staat seine Schutzpflicht gegenüber den Betroffenen nicht hinreichend gewährleisten. Angesichts der gravierenden Missstände braucht es einen neuen Ansatz. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, jetzt zu handeln und einen Paradigmenwechsel in der Prostitutionsgesetzgebung einzuleiten.

2.2 Sonstige Tagesordnungspunkte

In dieser Sitzungswoche befassen wir uns mit drei Anträgen der Bundesregierung für Mandate für Bundeswehreinsätze. Dabei beraten wir das Mandat für die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der maritimen EU-geführten Operation EUNAVFOR ASPIDES in dieser Woche bereits abschließend. Die fortwährenden Angriffe der Huthi-Miliz auf zivile und militärische Schiffe, insbesondere im südlichen Roten Meer und Bab al-Mandab, bedrohen unverändert die maritime Sicherheit und freie Schifffahrt. Die Wiederherstellung der Freiheit der Schifffahrt erfordert einen militärischen Einsatz im gemeinsamen Vorgehen mit Partnern und Verbündeten. Die EU hat daraufhin EUNAVFOR ASPIDES zum Schutz der Freiheit der Schifffahrt und zur Sicherheit des Seeverkehrs im Einsatzgebiet beschlossen und damit die schnelle sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der EU und Deutschlands in Umsetzung der Nationalen Sicherheitsstrategie unterstrichen. Im Einsatzgebiet liegt die Bedrohung für die internationale Schifffahrt im Einsatzgebiet vornehmlich in Anti-Schiffs-Raketen, Drohnen in der Luft sowie auf dem Wasser und ballistischen Raketen. Das Mandat soll bis zum 28. Februar 2025 laufen. Es können insgesamt bis zu 700 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden.

Außerdem befassen wir uns mit der Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan (UNMISS). Die Bundesregierung bittet den Deutschen Bundestag um Zustimmung, dass Deutschland sich weiterhin an der Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan (UNMISS, United Nations Mission in the Republic of South Sudan) beteiligt. Das gegenwärtige Bundestagsmandat endet am 31. März 2024. Es soll bis zum 31. März 2025 verlängert werden. Die Mandatsobergrenze soll unverändert bei 50 belassen werden. Dieses Mandat umfasst die Bereiche Schutz von Zivilpersonen, Schaffung förderlicher Bedingungen für die Bereitstellung humanitärer Hilfe, Beobachtungs- und Untersuchungstätigkeit auf dem Gebiet der Menschenrechte und die Unterstützung der Durchführung des Friedensabkommens und des Friedensprozesses. Die erfolgreiche Umsetzung dieses (Schutz-)Mandats durch UNMISS bleibt für die Stabilisierung Südsudans und seine leidgeprüfte Zivilbevölkerung unverzichtbar. Der deutsche militärische Beitrag für UNMISS soll weiterhin darin bestehen, sich mit Einzelpersonal in den Führungsstäben der Mission sowie mit Beratungs-, Verbindungs- bzw. Beobachtungsoffizieren zu beteiligen.

Schließlich beraten wir das Mandat für die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten Maritimen Sicherheitsoperation SEA GUARDIAN im Mittelmeer. Die Bundesregierung bittet den Deutschen Bundestag um die Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte an der NATO-geführten Maritimen Sicherheitsoperation SEA GUARDIAN (MSO SG) im Mittelmeer bis 31. März 2025. Das Mittelmeer bleibt eines der am stärksten befahrenen Seegebiete der Welt. Etwa ein Drittel aller über See verschifften Güter und ein Viertel aller Öltransporte weltweit werden durch das Mittelmeer geleitet. Gleichzeitig wird die Sicherheit des Mittelmeeres sowohl von den anhaltenden Krisen in Nord- und Westafrika als auch von der regionalen Instabilität im Nahen Osten negativ beeinflusst. Sea Guardian leistet einen aktiven und wichtigen Beitrag zur Sicherung der Südflanke der NATO, an dem sich Deutschland weiterhin beteiligen sollte. Die personelle Mandatsobergrenze der einzusetzenden Soldatinnen und Soldaten bleibt bei 550. Der Auftrag, einen Beitrag zur Seeraumüberwachung, zum Lagebildaustausch, zum maritimen Kampf gegen den Terrorismus und zur Beschränkung des Waffenschmuggels zu leisten, bleibt unverändert.

 

3. Wichtige Termine und Ausblick

  1. Inland:
  • - 25. Februar: Internationale Filmfestspiele Berlin (Berlinale),
  • - 22. Februar: Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz,
  • Februar: BK Scholz hält eine Rede beim Matthiae-Mahl in Hamburg, weiterer Gast EST-PM Kallas,
  • Februar: BK Scholz nimmt an BDA-Konferenz zum Unternehmertum teil,
  • Februar: BM Paus spricht bei Amtseinführung des neuen Diakonie-Präsidenten Rüdiger Schuch,
  • Februar: PK zum Frühjahrsgutachten vom Rat der Immobilienweisen mit BM Geywitz,
  • Februar: Vermittlungsausschuss u.a. zum „Wachstumschancengesetz“,
  • Februar: Eurostat veröffentlicht Zahlen zur Inflation im Januar,
  • Februar: Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten berichtet und empfiehlt Höhe des Rundfunkbeitrags ab 2025,
  • Februar: BPräs Steinmeier informiert sich über die Ausbildung von ukrainischen Streitkräften bei Besuch des BW-Übungsplatzes Klietz,
  • Februar: ifo-Geschäftsklimaindex,
  • Februar: Landesvertreterversammlung der CDU Thüringen,
  • Februar: Landesparteitag CDU Hamburg mit Wahl des Landesvorstands.
  1. Außen/EU:
  • /20. Februar: Informeller Tourismusministerrat (Digitalisierung, Nachhaltigkeit),
  • Februar: Rat für allgemeine Angelegenheiten (Vorbereitung ER am 21./22. März, Rechtstaatlichkeitsverfahren Polen),
  • Februar: Assoziationsrat EU – Georgien,
  • /22. Februar: G20-Außenministertreffen in Rio de Janeiro,
  • Februar: EU-KOM: Konnektivität von digitalen Netzwerken und Infrastruktur,
  • - 24. Februar: Informeller Wirtschafts- und Finanzministerrat und Eurogruppe,
  • Februar: Vorwahl der Republikaner im US-Bundesstaat South Carolina (Heimatstaat von Nikki Haley),
  • - 29. Februar: Außenministerrat, 13. WTO-Ministerkonferenz.

Friedrich Merz MdB, Vorsitzender

Bericht des Vorsitzenden zur Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag am 16. Januar 2024

 

1. Kernbotschaften der Woche

Unser Leitantrag der Woche: Landwirtschaft unterstützen statt ruinieren.

Die Land- und Forstwirtschaft ist eine Schlüsselbranche mit unverzichtbarem Stellenwert für die Ernährungssicherung. Das Leben in den ländlichen Regionen ist ohne eine wettbewerbsfähige, moderne und zukunftsfeste Landwirtschaft undenkbar. Jeder zehnte Arbeitsplatz in Deutschland ist mit der Landwirtschaft verknüpft. Die Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft befindet sich aktuell, wie auch andere Wirtschaftszweige, in der Krise. Doch anstatt unsere Landwirtschaft zu unterstützen, wird die Bundesregierung sie schwächen: Die geplanten Steuererhöhungen sind ein Schlag ins Gesicht für die Landwirte. Wir verstehen ihren Protest und stehen solidarisch an ihrer Seite.

Die Ampel muss die geplanten Steuererhöhungen für die Landwirtschaft zunächst vollständig zurückziehen. Die Landwirtschaft erwartet aber nicht nur die komplette Zurücknahme der inakzeptablen finanziellen Mehrbelastungen, die die Bundesregierung den Bauern aufbürdet. Vielmehr erwartet sie zu Recht eine grundsätzlich andere Agrarpolitik. Dazu braucht es ganz grundlegend eine neue Kultur der Anerkennung gegenüber der Leistung der Landwirte. Entfesselung, Innovationen und Investitionen sind der Dreiklang unserer Agrarpolitik. Es braucht endlich ein Bewusstsein dafür, dass jede Regulierung, jede Vorschrift und jede Auflage mit einschneidenden Konsequenzen für die tägliche harte Arbeit unserer Landwirte verbunden ist. Es braucht ein Belastungsmoratorium für landwirtschaftliche Betriebe. Tierhalter benötigen Planungssicherheit auf der Grundlage des Borchert-Plans für mehr Tierwohl. Wir wollen, dass auch die kommenden Generationen gute Gründe haben, in der Landwirtschaft tätig zu sein.

Keine weitere Zeit verlieren – unverzügliche Lieferung von TAURUS-Marschflugkörpern an die Ukraine.

Die Ukraine widersetzt sich mit internationaler Unterstützung seit fast zwei Jahren in einem aufopferungsvollen Verteidigungskampf der russischen Aggression. Russland nimmt vorsätzlich hohe eigene Verluste in Kauf und terrorisiert gezielt die ukrainische Bevölkerung. Die russischen Streitkräfte stützen sich auf eine zunehmend auf Kriegswirtschaft umgestellte Industrie und nutzen das besetzte ukrainische Hinterland weitestgehend ungefährdet als logistische Basis. Nur dadurch werden die Versorgung der russischen Truppen und deren Angriffe erst ermöglicht. Der Ukraine mangelt es an ausreichend Material, um die russischen Versorgungslinien, Führungseinrichtungen, Stellungen weitreichender Waffensysteme und die logistischen Strukturen gezielt angreifen zu können. Doch nur mit dem richtigen Material kann die Ukraine diesen Krieg gewinnen.

Die Ukraine muss den Krieg gegen Russland gewinnen. Angesichts der prekären militärischen Lage der Ukraine müssen die Anstrengungen zur Ausrüstung der Ukraine sofort deutlich verstärkt werden. Dazu zählt eine unverzügliche Lieferung von Marschflugkörpern vom Typ TAURUS aus Beständen der Bundeswehr. Parallel hierzu muss eine Nachbeschaffung des abgegebenen Materials eingeleitet werden. Mit unserem Antrag zwingen wir die Ampel dazu, zur Frage einer TAURUS-Lieferung endlich Farbe zu bekennen. Die Koalition muss nun zeigen, wie ernst sie es mit der Unterstützung der Ukraine meint.

Gesetzentwurf zur Reform des Staatangehörigkeitsrechts.

Die Ampel-Koalition will in dieser Sitzungswoche den Gesetzentwurf zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts beschließen. Im Kern geht es der Koalition darum, die Voraussetzungen der Einbürgerung deutlich abzusenken. Mit unserem Antrag „Den Wert der deutschen Staatsangehörigkeit bewahren“ (Drs. 20/9764) legen wir unsere Kritik dar. Diese betrifft insbesondere folgende Punkte:

  • Die Verkürzung der Mindestaufenthaltszeit auf 5 bzw. nur 3 Jahre lehnen wir ab. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist ein wichtiger Integrationsanreiz. Echte Integration braucht Zeit. Die Einbürgerung sollte erst am Ende eines Integrationsprozesses geschehen. Mit den derzeitigen Fristen (grundsätzlich 8 Jahre, bei besonderen Integrationsleistungen 6 Jahre) haben wir einen angemessenen Zeitrahmen und liegen damit im europäischen Mittelfeld.
  • Den generellen Doppelpass sehen wir kritisch. Zwar verstehen wir sehr gut, wenn Menschen aufgrund ihrer Herkunft Bindungen an mehrere Staaten haben und diese Bindung auch in Form einer weiteren Staatsangehörigkeit bewahren möchten. Dennoch sind wir überzeugt, dass aus Sicht der Gesamtgesellschaft im Ergebnis die Nachteile überwiegen. Der Doppelpass verstärkt die politischen Einflussmöglichkeiten ausländischer Staaten in Deutschland, verkürzt den diplomatischen Schutz für Deutsche im Ausland (z.B. Fall Deniz Yücel) und ist auch in der EU ein Problem, weil faktisch ein mehrfaches Wahlrecht entsteht. Zudem gibt es bereits zahlreiche Ausnahmen – z.B. für EU-Bürger, anerkannte Flüchtlinge oder wenn der Herkunftsstaat nicht aus der Staatsangehörigkeit entlässt.
  • Bedauerlich und falsch ist darüber hinaus, dass die Ampel-Koalition sich nicht durchringen konnte, ein ausdrückliches Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel – wie von uns gefordert – als Einbürgerungsvoraussetzung in den Gesetzentwurf aufzunehmen.

Für uns ist die Einbürgerung Ergebnis und nicht Beginn gelungener Integration. Wir freuen uns, wenn Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit nach gelungener Integration Deutsche werden möchten. Wir freuen uns, wenn sie auf diesem Wege ein klares Bekenntnis zu Deutschland abgeben. Der Gesetzentwurf der Ampel genügt diesem Anspruch – Einbürgerung als Ergebnis gelungener Integration – jedoch nicht. Insbesondere sehen wir die Verkürzung der Mindestaufenthaltszeit kritisch. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist ein sehr wichtiger Integrationsanreiz. Echte Integration braucht Zeit.

 

2. Die Woche im Parlament

2.1 Initiativen unserer CDU/CSU-Fraktion

Bioenergie eine klare Zukunftsperspektive geben und bestehende Hemmnisse beseitigen. Mit unserem Antrag, den wir in erster Lesung beraten, unterbreiten wir 23 Vorschläge für Verbesserungen bei der Bioenergie. Diese reichen von einer Ausweitung der Ausschreibungen über eine Erhöhung der Ausbauziele bis zur Prüfung von Grüngasquoten. Mit unserem Antrag verfolgen wir unser Anliegen der Entfesselung aller Erneuerbaren Energien weiter. So haben wir bereits zur CO2-Abscheidung, -Verwendung und -Speicherung (CCU/CCS), zu Wasserstoff, Solar und Geothermie, sowie zu Energiespeichern umfassende Anträge in den Deutschen Bundestag eingebracht und beraten. Die Ampel nutzt dennoch immer noch nicht alle Potenziale der Erneuerbaren Energien aus. Sie richtet ihren Fokus vielmehr lediglich auf Sonne und Wind. Wir wollen aber auch die Bioenergie entfesseln.

Bereits vor über einem Jahr hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil zum deutschen Gesetz über Mindestspeicherfristen für Telekommunikationsverkehrsdaten verkündet. Unsere Forderung nach einer IP-Adress-Speicherung zur Sicherung digitaler Beweismittel wurde vom Gerichtshof ausdrücklich für zulässig erklärt. IP-Adressen sind als digitale Beweismittel gerade bei der Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs im Internet unabdingbar. Ohne Speicherpflicht sind diese digitalen Beweise – wenn eine Tat auffällt – vielfach gelöscht und die IP-Adresse kann keiner konkreten Person mehr zugeordnet werden. Das ist ein unerträglicher Zustand. Kinderschutz muss endlich Vorrang vor Datenschutz haben. Unseren Antrag IP-Adressen rechtssicher speichern und Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen werden wir in dieser Woche nach über einem Jahr Verzögerung durch die Ampelfraktionen endlich abschließend im Plenum beraten. Darin fordern wir: Bundeskanzler Scholz muss jetzt den Streit im Kabinett, zwischen Innen- und Justizministerium, beenden. Er muss dafür sorgen, dass schnell eine rechtssichere Regelung zur Speicherung von IP-Adressen auf den Weg gebracht wird. Dabei soll der laut EuGH zulässige Spielraum ausgeschöpft werden – zum Schutz der Kinder und Jugendlichen.

Terroranschläge verhindern – Zum Schutz unserer Bevölkerung entschiedener gegen potenzielle Terroristen vorgehen. Die Innere Sicherheit in Deutschland und Europa wird in besonderem Maße auch durch den islamistischen Terrorismus bedroht. Gerade das Jahr 2020 mit den tödlichen Anschlägen in Paris, Dresden, Nizza und Wien hat uns vor Augen geführt, dass die Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus unvermindert fortbesteht. Auch nach Angaben der Bundesinnenministerin steht Deutschland weiterhin im unmittelbaren Zielspektrum islamistischer Terrororganisationen. Den Schutz der Bevölkerung dürfen wir deshalb nicht dem Zufall überlassen. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche abschließend beraten – fordern wir die Bundesregierung deshalb auf, zur Verhinderung terroristischer Straftaten alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dazu gehört insbesondere, den vom Europäischen Gerichtshof im Urteil vom am 22. September 2022 eröffneten Rahmen zur Einführung einer Speicherpflicht für IP-Adressen endlich zu nutzen. Zudem braucht der Verfassungsschutz die Befugnis zur Online-Durchsuchung. Daneben müssen die Sicherheitsbehörden auch potenzielle Terroristen – sogenannte Gefährder – verstärkt in den Blick nehmen.

Wir brauchen eine aktivere Rohstoffpolitik, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Mit unserem Antrag Deutschlands Rohstoffabhängigkeit reduzieren – Neue Rohstoffpartnerschaften auf den Weg bringen, heimische Rohstoffgewinnung stärken fordern wir die Bundesregierung auf, jetzt die notwendigen Schritte einzuleiten. Diesen Antrag beraten wir in dieser Woche abschließend. Die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Rohstoffen ist vor allem für unsere gewerbliche Wirtschaft von existenzieller Bedeutung. Gerade vor dem Hintergrund der Folgen des russischen Angriffskriegs hat dieses Thema an Brisanz gewonnen. Die Ampel hat im Koalitionsvertrag verbesserte Rahmenbedingungen für die Erkundung heimischer Rohstoffe angekündigt, bisher aber kaum Initiative in diesem Bereich gezeigt. Es braucht ein größeres deutsches Engagement bei der Gewinnung von Rohstoffen im In- und Ausland, z.B. durch neue Rohstoffpartnerschaften und bessere gesetzliche Rahmenbedingungen.

Leistungen für Asylbewerber senken – Rechtliche Spielräume nutzen. Deutschland wird mit der Zunahme der illegalen Migration zunehmend überfordert. Die europäischen Nachbarländer nehmen im Schnitt deutlich weniger Geflüchtete auf. Die auch im europäischen Vergleich hohen Sozialleistungen in Deutschland ein wichtiger Faktor für Migration und insbesondere Sekundärmigration nach Deutschland. Das Bundesverfassungsgericht hat festgehalten, dass eine dauerhafte Ungleichbehandlung von Asylbewerbern und Einheimischen bei der Sicherung des Existenzminimums nicht möglich ist. Aber es bestehen dennoch weiterhin Spielräume zur Leistungsabsenkung. Mit unserem Antrag fordern wir, diese Spielräume zu nutzen. Sie umfassen eine Verlängerung der Bezugsdauer der niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) von 18 Monaten auf 36 Monate; die vorrangige Ausgabe von Sach- statt Geldleistungen und die Einführung einer möglichst bundeseinheitlichen Bezahlkarte als Regel. Solange eine Ausreisepflicht besteht und eine Ausreise tatsächlich und rechtlich möglich ist, soll nur das physische Existenzminimum gewährt werden. Weitere Maßnahmen runden unseren Forderungskatalog ab.

Vorteile von Per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen weiter nutzen, Wertschöpfung erhalten, Gesundheit und Umwelt schützen. Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) sind bestimmte chemische Substanzen, die aufgrund ihrer stofflichen Eigenschaften besonders langlebig sind. In der EU ist seit geraumer Zeit umstritten, ob diese Substanzen untersagt werden sollen. Am 13. Januar 2023 haben nun Fachbehörden aus Deutschland, Dänemark, der Niederlande, Norwegen und Schweden ein Dossier zur Beschränkung aller PFAS bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht. Ziel ist es, die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung aller PFAS zu verbieten. Allerdings: Sehr viele Verfahren sind ohne PFAS nicht realisierbar, so z.B. in der Halbleiterindustrie, der Chipherstellung oder der Metallveredelung. Aber auch bei Medizinprodukten und bei Schutzausrüstungen für Feuerwehrleute sind PFAS unerlässlich. Bei professioneller Anwendung, in der ein sachgemäßer Umgang einschließlich der sicheren Entsorgung gewährleistet werden kann, besteht keine Gefahr für Mensch und Umwelt. Da Ersatzstoffe aktuell nicht vorhanden sind, hätte ein Komplettverbot der PFAS gravierende Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und Europa. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche in erster Lesung beraten – fordern wir daher einen differenzierten, risikobasierten Ansatz.

Unterstützung für die Ukraine intensivieren – Industrie stärken – Produktion und Lieferung von Munition nachhaltig hochfahren. Der Deutsche Bundestag hat am 28. April 2022 mit den Stimmen der demokratischen Fraktionen den Antrag „Frieden und Freiheit in Europa verteidigen – Umfassende Unterstützung für die Ukraine“ (Drs. 20/1550) gefasst. In diesem Beschluss forderte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung unter anderem auf, die Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortzusetzen und zu intensivieren. Während die Lieferung von Großgerät einschließlich erster Munitionspakete der Ukraine zu Erfolgen und Geländegewinnen verhalf, droht ihr nun zunehmend die Munition für die gelieferten Waffen auszugehen. Die EU-Staaten haben sich in Anbetracht dieser dramatischen Lage unter Zustimmung Deutschlands darauf geeinigt, der Ukraine innerhalb von 12 Monaten eine Million Schuss Artilleriemunition bereitzustellen. Seitdem ist von deutscher Seite die notwendige substanzielle Steigerung der Lieferung aus bestehenden Rahmenverträgen oder über europäische Beschaffungsprojekte – entgegen den Aussagen des Bundesministers für Verteidigung im März 2023 – ausgeblieben. Die Munitionsbestände der Bundeswehr sind nicht ausreichend und von der NATO-Vorgabe des 30-Tage-Vorrats sehr weit entfernt. Sie befinden sich auf einem bedrohlich niedrigen Niveau. Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, endlich wirksame Maßnahmen zu treffen, um die deutsche Rüstungsindustrie zu stärken und die Produktion und Lieferung von Munition nachhaltig hochzufahren.

2.2 Sonstige Tagesordnungspunkte

Gesetz zur Verbesserung der Rückführung. 330.000 Asylsuchende sind 2023 nach Deutschland gekommen – eine Zunahme der Antragszahlen um über 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das ist ein Umfang von drei Großstädten, die in unser Land eingewandert sind und die unsere Kommunen aufnehmen und versorgen müssen. Nur etwas mehr als die Hälfte der Personen, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, erhalten allerdings auch einen Schutzstatus bei uns. Wer das Asylsystem ohne Schutzgrund als Zugang nach Deutschland missbraucht, muss so schnell wie möglich in sein Heimatland zurückkehren. Deutschland schafft es aber nicht im Ansatz, Rückführungen im erforderlichen Umfang durchzuführen. Daher ist es überfällig, dass die Bundesregierung jetzt einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rückführung vorlegt. Viele der darin enthaltenen Regelungen hatten CDU und CSU bereits 2019 gefordert, die Vorschläge waren allerdings noch am damaligen Koalitionspartner SPD gescheitert. Ein Großteil der jetzt eingebrachten Regelungen lag zudem bereits im April 2023 (als Ergebnis der Bund-Länder-Arbeitsgruppe) vor und wurde am 10. Mai 2023 auf dem Flüchtlingsgipfel im Bundeskanzleramt beschlossen. Es ist in der aktuellen Migrationskrise inakzeptabel, dass die Bundesregierung so lange für die Umsetzung längt getroffener Beschlüsse braucht. Die Maßnahmen im Gesetzentwurf werden dennoch bei weitem nicht ausreichen, um die Anzahl der Rückführungen im ausreichenden Umfang zu steigern. Bemerkenswert ist zudem, dass „auf den letzten Metern“ durch die Grünen noch Punkte in den Gesetzentwurf hereinverhandelt wurden, welche die positive Wirkung des Entwurfs weitgehend wieder aufheben: So soll der Staat verpflichtet werden, jedem Ausreisepflichtigen für das Verfahren einen anwaltlichen Vertreter beizuordnen. Das konterkariert das Ziel, Rückführungsverfahren zu beschleunigen und zu vereinfachen. Hingegen begrüßen wir, dass die Koalition mit diesem Gesetzentwurf auch einer Forderung der Union nachkommen und die Wartefrist für Analogleistungen – also die Anpassung der Asylbewerberleistungen auf das Bürgergeld-Niveau – in Umsetzung des Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz von November – auf 36 Monate verlängert. Darüber hinaus werden Änderungen zur erleichterten Arbeitsaufnahme abgelehnte Asylsuchende (sog. Geduldete) umgesetzt.

 

3. Wichtige Termine und Ausblick

  1. Inland:
  • Januar: Stat. Bundesamt gibt Inflationsrate Dezember und Gesamtjahr 2023 bekannt,
  • Januar: PK Vorstellung Tätigkeitsbericht zweite Laufzeit 2019–2023 der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs,
  • Januar: Kommunalkongress der Grünen-Bundestagsfraktion,
  • Januar: Eurostat veröffentlicht Zahlen zur Inflation im Dezember 2023,
  • Januar: Eröffnung und Einweihung des Veteranenbüros der Bundeswehr durch Bundesverteidigungsminister Pistorius
  • /18. Januar: Konferenz des Zentralrates der Juden „Erinnern, um nicht zu vergessen“ zur Erinnerungskultur und Gedenkpolitik in Deutschland,
  • Januar: konstituierende Sitzung des hessischen Landtags mit Wahl des MP,
  • Januar: BK Scholz empfängt Karnevalisten aus ganz Deutschland,
  • Januar: BK Scholz nimmt an Trauerfeier für Beckenbauer in der Allianz-Arena teil,
  • -28. Januar: Internationale Grüne Woche,
  • Januar: Mitgliederversammlung Werteunion mit Abstimmung über Schritte zur Parteigründung.
  1. Außen/EU:
  • /16. Januar: Eurogruppe, Wirtschafts-/Finanzministerrat (Europäisches Semester 2024, Ukraine, Vorbereitung G20-Treffen, Wettbewerbsfähigkeit),
  • /16. Januar: Informeller Umweltministerrat (Anpassung und Resilienz, Kreislaufwirtschaft, gerechter Übergang),
  • -19. Januar: Weltwirtschaftsforum in Davos,
  • Januar: EU-KOM: Überarbeitung der Richtlinie zum Europäischen Betriebsrat,
  • /18. Januar: Treffen des Nato-Militärausschusses.

Friedrich Merz MdB, Vorsitzender

Bericht des Vorsitzenden zur Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag am 12. Dezember 2023

 

1. Kernbotschaften der Woche

Zur Halbzeit der Wahlperiode – Deutschland kann es besser.

Deutschland ist ein starkes Land. Doch Europa und unser Land befinden sich in schwierigen Zeiten. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der terroristische Angriff der Hamas gegen die israelische Bevölkerung bestimmen die Weltlage ebenso wie die Sicherheitslage in Deutschland. Der Klimawandel verlangt nach effizienten Antworten. Inflation, Rezession und Wohnungsnot stellen Wirtschaft und Gesellschaft vor große Herausforderungen. Zudem erleben wir eine neue Migrationskrise. In dieser Situation bräuchte Deutschland eine Bundesregierung, die politische Führung übernimmt. Doch der ständige Streit der Ampel-Koalitionäre liegt wie Mehltau auf dem Land.

In unserem dieswöchigen Leitantrag lenken wir den Blick auf unsere konstruktive parlamentarische Arbeit zur Halbzeit dieser Wahlperiode. Wir haben zu allen wichtigen Politikbereichen eine große Zahl an eigenen Vorschlägen erarbeitet. Wir stehen ein für eine solide und seriöse Haushaltspolitik, die die Vorgaben des Grundgesetzes achtet und kommende Generationen nicht zusätzlich belastet. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik wollen wir Humanität und Ordnung wieder in Einklang bringen. Wir haben aufgezeigt, wie sich illegale Migration wirksam begrenzen lässt. Wir haben darauf gedrungen, die innere Sicherheit in Deutschland zu stärken und endlich wieder zur Priorität zu machen. Wir haben dargelegt, wie eine Wirtschafts-Wende hin zu mehr Wachstum gelingen, der Umstieg zum klimaneutralen Heizen technologieoffen, sozialverträglich und marktwirtschaftlich fortgesetzt, der Wasserstoffhochlauf beschleunigt und der Kohlenstoffkreislauf geschlossen werden kann. Wir fordern eine hervorragende Ausstattung für die Bundeswehr, um Deutschlands Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit herzustellen und im Sinne nachfolgender Generationen achten wir wie keine andere Fraktion auf nachhaltige Finanzen.

Wir werden diese Arbeit auch in den kommenden zwei Jahren fortsetzen und damit zeigen: Deutschland kann es besser!

 

2. Die Woche im Parlament

2.1 Initiativen unserer CDU/CSU-Fraktion

Vereinbarte Debatte zum 75. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Die Debatte findet anlässlich des Tages der Menschenrechte statt, der jährlich am 10. Dezember begangen wird. Vor 75 Jahren verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Sie bildet das Fundament liberaler Demokratien und die Grundlage des internationalen Menschenrechtsschutzes. Die Durchsetzbarkeit internationaler und europäischer Menschenrechtskonventionen steht in Anbetracht des Systemwettbewerbs zwischen liberalen Demokratien und autokratischen Staaten vor besonderen Herausforderungen, der Schutz der universellen Menschenrechte ist mehr denn je eine Aufgabe. Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe wird im ersten Halbjahr 2024 auf Initiative unserer Fraktion den Schwerpunkt seiner Arbeit darauf richten. Am 29. November 2023 fand aus Anlass des 75. Jahrestages der Kongress unserer Fraktion mit dem Titel „Menschenrechte – Fundament der Weltordnung“ statt.

Studierende finanziell entlasten – Studienkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau wieder zu einem geeigneten Instrument der Studienfinanzierung machen. Studierende, die einen KfW-Studienkredit in der Niedrigzinsphase und im Zuge der pandemiebedingten Notlage abgeschlossen haben, geraten aktuell durch enorme Zinsanstiege in existentielle finanzielle Nöte. Nach Auskunft der Bundesregierung wurden zwischen Januar 2022 und Juni 2023 insgesamt 19.534 Darlehen zugesagt. Der Zinssatz hat sich in der Amtszeit von Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger aber mehr als verdoppelt. Lag der Zinssatz bei Neuverträgen im Oktober 2021 noch bei 3,76 Prozent, ist er zum 1. Oktober 2023 auf 9,01 Prozent gestiegen. Besonders hart trifft diese Entwicklung Studierende mit Bestandsverträgen und variablem Zinssatz. Teilweise müssen Studenten monatlich bis zu 300 EUR nur an Zinsen zahlen. Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, sich um die Lösung des Problems der Studierenden zu kümmern und den Betroffenen zu helfen. Die Bundesregierung muss darauf hinzuwirken, dass für bestehende wie neue Verträge des KfW-Studienkredites eine feste Zinsbindung gilt. Sie muss dem Deutschen Bundestag detailliert und fortlaufend über den Verhandlungsfortschritt mit der KfW unterrichten.

Bericht der Unabhängigen Kommission Antiziganismus: Perspektivwechsel – Nachholende Gerechtigkeit – Partizipation. In der 19. Wahlperiode hat die vom damaligen Bundesinnenminister Seehofer eingesetzte Unabhängige Kommission Antiziganismus „Perspektivwechsel – Nachholende Gerechtigkeit – Partizipation“ einen umfangreichen Bericht vorgelegt. Über diesen Bericht beraten wir in dieser Woche im Plenum. Wir haben zusammen mit den Ampel-Fraktionen einen gemeinsamen Entschließungsantrag eingebracht. In diesem Antrag gehen wir auf die zentralen Empfehlungen des Berichts ein und erkennen das Unrecht, das den Sinti und Roma in der deutschen Geschichte angetan wurde, an.

Politischen Islamismus wirksam bekämpfen – Ausländische Einflussnahme auf deutsche Muslime zurückdrängen. Deutschland ist ein weltoffenes Land. Nach Jahrzehnten der Einwanderung hat heute ein Viertel der Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund. Diese kulturelle Vielfalt kann ein Gewinn für uns alle sein, wenn sie friedlich und auf dem Boden der deutschen Gesetze, insbesondere des Grundgesetzes, verläuft. Dennoch müssen wir uns bewusstwerden, dass ausländische Staaten aus ihren Ländern stammende Migranten zunehmend als Instrument der Einflussnahme nutzen: So warnt etwa der Bundesverfassungsschutz vor „Aktivitäten türkischer Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden durch Einflussnahmeversuche auf türkeistämmige Gemeinschaften in Deutschland, die auch Auswirkungen auf den politischen Willensbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess in der deutschen Gesellschaft insgesamt haben können“ (Verfassungsschutzbericht 2022; S. 300 f.). Aufgrund der Pläne der Ampel-Bundesregierung zur noch leichteren Einbürgerung, insbesondere unter Beibehalt der bisherigen Staatsangehörigkeit, droht perspektivisch eine Verschärfung dieser Entwicklung. Ausländische Staaten können auch Religion zur illegitimen Beeinflussung der in Deutschland lebenden Migranten instrumentalisieren. In Deutschland gibt es keine Staatskirche (Artikel 140 des Grundgesetzes i.V.m. Artikel 137 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung). Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben sich bewusst entschieden, diese mittlerweile über 100 Jahre alte deutsche Verfassungstradition beizubehalten. Wenn das Grundgesetz also richtigerweise eine deutsche Staatskirche ausschließt, dann sind die Aktivitäten ausländischer Staatskirchen oder auf ähnlich enge Weise mit dem Herkunftsstaat verbundener Religionsgemeinschaften in unserem Land erst recht kritisch zu sehen. Der deutsche Staat muss sicherstellen, dass ausländische Regierungen hierzulande nicht über religiöse Einflussmöglichkeit verfügen, die dem deutschen Staat selbst Kraft der Verfassung zurecht verwehrt ist. Mit unserem Antrag schlagen wir eine Reihe von dringend erforderlichen Maßnahmen vor, um diesem Ziel näher zu kommen.

Auch im Ruhestand motiviert und mit Potenzial – Arbeitsmarkt für unsere pensionierten Soldaten öffnen. Vor allem bei Fachkräften mit Berufsausbildung oder Studium stellt das Institut der Deutschen Wirtschaft eine immer größere Lücke zwischen dem Bedarf und dem vorhandenen Angebot an geeigneten Kandidaten fest. Der demographische Wandel wird diese Entwicklung noch weiter verschärfen. Unser Land kann es sich nicht leisten, geeigneten und motivierten Fachkräften den Weg in den Arbeitsmarkt zu versperren. Das gilt für alle Altersstufen. Auch Rentner und Pensionäre wollen häufig im Berufsleben aktiv bleiben, zumal sie mit ihrem umfangreichen Erfahrungsschatz einen unersetzbaren Mehrwert bieten. Wer im Ruhestand erwerbstätig ist und Gehalt hinzuverdient, sollte daher möglichst nicht mit Verlusten bei seinen Renten- und Pensionsbezügen sanktioniert werden. Für Rentner wurden die Hinzuverdienstgrenzen bereits abgeschafft: Wer eine Altersrente bezieht, kann ohne Kürzung seiner Bezüge Geld verdienen. Bei pensionierten Berufssoldaten ist die Lage anders. Sie sind zum Teil mit 55 Jahren im Ruhestand, etwa bei Unteroffizieren (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 5 SG). Sie haben eine exzellente Ausbildung und langjährige Erfahrung der Menschenführung. Inkohärente Regelungen bei Hinzuverdienstgrenzen machen eine berufliche Tätigkeit für sie allerdings oftmals unattraktiv. Mit unserem Antrag schlagen wir eine Reihe von Reformen vor, um das Potenzial pensionierter Berufssoldaten besser für den Arbeitsmarkt zu nutzen.

Mit unserem Antrag Geldwäsche, Terrorismus- und Extremismusfinanzierung konsequent bekämpfen – Kritikpunkte aus Deutschlands Geldwäsche-Zeugnis beheben, Ermittlungsinstrumente bei unklaren Vermögen und Zollpolizei schaffen greifen wir mehrere Punkte des im Zuge des Zweiten Sanktionsdurchsetzungsgesetzes eingebrachten Antrags „Sanktionierte russische Oligarchen schnellstens wirksam zur Verantwortung ziehen und Zollpolizei schaffen“ sowie unseres Entschließungsantrags zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der risikobasierten Arbeitsweise der Financial Intelligence Unit (Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen/FIU) auf. Darüber bringen wir eine Vielzahl neuer Forderungen ein. Insbesondere fordern wir, eine Zollpolizei zu schaffen und diese mit den erforderlichen rechtlichen Grundlagen und Kompetenzen auszustatten. Damit wollen wir sicherstellen, dass Sanktionen effektiv durchgesetzt und die Bekämpfung der Geldwäsche erleichtert wird. Parallel debattieren wir den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität.

Wir debattieren unseren Vorschlag für eine Änderung des Gesetzes über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen. Im Nachweisgesetz ist vorgesehen, dass die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer schriftlich mitzuteilen sind. Das umfasst auch Angaben über betriebliche Altersversorgung. Dieses Schriftformerfordernis schafft Bürokratie für die Arbeitgeberseite, die vermieden werden könnte. Die europäische Nachweisrichtlinie würde die Übersendung wesentlichen Arbeitsbedingungen auch in elektronischer Form zulassen. Die Ampel hat die Gelegenheit verstreichen lassen, die Übermittlung von Arbeitsbedingungen zu modernisieren. Mit unserem Gesetzentwurf setzten wir am Text der EU-Richtlinie an und übertragen diesen ins deutsche Recht. Es verbleibt eine Wahlmöglichkeit, ob die Schriftform oder elektronische Form gewählt wird. So leisten wir einen aktiven Beitrag zum Bürokratieabbau.

In dieser Woche beraten wir unseren Antrag Die Hisbollah als verlängerten Arm des Iran entschlossen bekämpfen – Stabilität und Demokratie im Libanon unterstützen. Die Hisbollah ist der verlängerte Arm und der Musterschüler Irans im Nahen und Mittleren Osten: Ein steter Dorn in der Flanke Israels, Erfüllungsgehilfe Russlands in Syrien, globaler Waffenschmuggler und Terrorexporteur. Im Libanon ist die Hisbollah ein nicht enden wollender Albtraum: Jeglicher politischer Fortschritt scheitert an der Miliz, die den Staat am liebsten genau so schwach hat, wie er zurzeit ist. Hinzu kommt die Verschärfung der Lage seit den Terrorangriffen auf Israel vom 7. Oktober. Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, sich endlich entschlossen gegen die Hisbollah zu stellen. Der Libanon ist viel zu wichtig, um ihn aufzugeben. Die Sicherheits- und Migrationsrisiken aus dem Libanon heraus sind gewaltig, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die Region.

Unseren Antrag Hunger bekämpfen – Entwicklungspolitische Anstrengungen zur weltweiten Ernährungssicherheit stärken beraten wir in dieser Woche erstmalig im Plenum. 2022 waren weltweit 735 Millionen Menschen von Hunger und Ernährungsunsicherheit betroffen. Die Zahlen sind – nach großen Erfolgen in den Jahren zuvor – durch die Folgen der Corona-Pandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wieder drastisch gestiegen. Es ist absehbar, dass das Ziel der Agenda 2030, bis zum Ende dieses Jahrzehnts eine Welt ohne Hunger zu schaffen, nicht erreicht werden kann. In dieser Situation kürzt die Bundesregierung im Haushalt Mittelansätze für die weltweite Ernährung und stellt sich zudem Innovationen in der Agrarwirtschaft wie etwa der Genschere entgegen. Und das, obwohl diese einen großen Beitrag zur Sicherung der Welternährung leisten können. Hunger zu bekämpfen ist auch in unserem ureigenen Interesse, denn Hunger ist auch eine maßgebliche Fluchtursache, wie das Jahr 2015 eindrücklich gezeigt hat.

In dieser Sitzungswoche befassen wir uns abschließend mit vier grundlegenden Anträgen zum Thema Barrierefreiheit, Teilhabe und Inklusion – über alle Lebensbereiche hinweg. Trotz vieler Maßnahmen und Programme der letzten Bundesregierungen – z.B. das Behindertengleichstellungsgesetz, das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und die „Initiative Sozialraum Inklusiv“ – gilt es, noch gezielter auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene den Sozialraum inklusiv und barrierefrei zu gestalten. Daher greift unser Antrag Mehr Tempo für Barrierefreiheit und einen inklusiven Sozialraum anhand der Leitlinien der UN-Behindertenrechtskonvention verschiedene als besonders wichtig anzusehende Lebensbereiche heraus und fordert Verbesserungen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Mobilität, Bauen und Wohnen, Gesundheit, Digitalisierung, Katastrophenschutz, aber auch Bewusstseinsbildung und politische Partizipation. Darüber hinaus fordern wir, das schon mehrfach angekündigte „Bundesprogramm Barrierefreiheit“ seitens der Bundesregierung endlich umzusetzen. Mit unserem weiteren Antrag Mobilität im öffentlichen Personennahverkehr und Schienenpersonennahverkehr für alle gestalten – Barrierefreiheit sichern stellen wir fest: Die Bundesregierung hat auch nach fast zwei Jahren im Amt noch keine messbaren Fortschritte bei Barrierefreiheit im Nahverkehr erzielt. Und das, obwohl sich die Ampelkoalition im Koalitionsvertrag vorgenommen hat, ein Bundesprogramm Barrierefreiheit aufzulegen. Zwar hat die Bundesregierung mit der „Bundesinitiative Barrierefreiheit – Deutschland wird barrierefrei“ eine Grundlage für die Weiterentwicklung der Barrierefreiheit auch im Mobilitätssektor geschaffen. Die Maßnahmen im von der Bundesregierung vorgelegten Eckpunktepapier sind ohne konkrete Umsetzungsperspektive formuliert. Mit unserem Antrag formulieren wir deshalb 20 Forderungen mit dem Ziel, die Barrierefreiheit im öffentlichen Personenverkehr zu verbessern: Für die stufenfreie Erreichbarkeit von Verkehrsmitteln, taktile Leitstreifen für sehbehinderte Menschen im Fußbodenbelag, Induktionsschleifen für hörbehinderte Menschen und Informationen in Leichter Sprache. Barrierefreiheit darf nicht nur auf Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, sondern auch auf Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen und Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen ausgerichtet werden. Dafür braucht es mehr Anstrengungen von öffentlichen und privaten Anbietern. In unserem dritten Antrag Reisen und Kulturerlebnisse für alle möglich machen – Barrierefreiheit als Qualitätsstandard verankern legen wir dar: Barrierefreiheit ist eine Grundvoraussetzung für die selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben. Reisen und Urlaub, aber auch damit einhergehende Kulturangebote, sind ein wichtiges Element dieser Teilhabe. Barrierefreiheit soll zu einem Qualitätsmerkmal des Deutschlandtourismus bei Reisezielen und Kulturstätten werden. Barrierefreie Angebote nützen auch Familien mit kleinen Kindern und Kinderwagen, Personen mit vorübergehenden Mobilitätseinschränkungen und älteren Menschen. Mit unserem Antrag, den wir in erster Lesung beraten, fordern wir die Bundesregierung deshalb auf, eine langfristige Finanzierung des Zertifizierungs- und Kennzeichnungssystems „Reisen für Alle“ sicherzustellen. Zusammen mit den Bundesländern wollen wir auf bundesweit einheitliche, für die Tourismuswirtschaft einfach handhabbare Kriterien dieses Systems hinzuwirken. Außerdem soll die Bundesregierung in Abstimmung mit Behindertenverbänden, der Tourismuswirtschaft, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und den Bundesländern Konzepte entwickeln, wie entlang der gesamten touristischen Leistungskette Barrierefreiheit zum Standard gemacht und fester Bestandteil von Tourismuskonzepten werden kann. Schließlich debattieren wir abschließend unseren Antrag Kultur ohne Barrieren für alle zugänglich machen – Inklusion ist Handlungsauftrag. Im 21. Jahrhundert muss Deutschland als Kulturnation den Anspruch haben, Kulturangebote mindestens barrierearm zugänglich und die aktive Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen sichtbarer zu machen. In unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung u.a. auf, den Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur UN-Behindertenrechtskonvention im Bereich Kultur umzusetzen. Wir fordern eine Datenbank mit barrierefreien Kulturangeboten sowie die Bundesinitiative Barrierefreiheit um den Bereich Kultur zu ergänzen und Inklusionsprojekte auch in reguläre Förderprogramme des Bundes zu integrieren. Für uns als CDU/CSU-Fraktion ist es wichtig, das Thema Teilhabe und Inklusion von Menschen mit Behinderungen stärker in den Blick zu nehmen. Das betrifft auch den Kultur- und Medienbereich, wo es zwar Fortschritte, aber leider immer noch große Defizite gibt. Bislang bleibt es bei Lippenbekenntnissen der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Claudia Roth.

Deutschlands Postmärkte der Zukunft – Zuverlässig, erschwinglich, digital. Die Bundesregierung plant eine Novelle des Postgesetzes und hat kürzlich den Referentenentwurf in die Ressortabstimmung gegeben. Das derzeitige Postgesetz gilt seit 1997 bis auf wenige Ausnahmen unverändert. Der Antrag legt unsere Forderungen für die Reform des Postgesetzes dar. Wir wollen insbesondere die Regulierung im Postwesen auf das Notwendige begrenzen und Postmärkte, in denen der Wettbewerb funktioniert, aus der sektorspezifischen Regulierung entlassen. Die Paketbranche wollen wir aus dem gesondert regulierten Universaldienst grundsätzlich in den freien Markt entlassen, zugleich aber die Arbeitsbedingungen dort verbessern. Den Briefmarkt hingegen wollen wir in der sektorspezifischen Regulierung belassen. Den Fokus für die Qualitätsvorgaben für den Universaldienst wollen wir hingegen von einer möglichst schnellen zukünftig auf eine möglichst zuverlässige Zustellung von Briefsendungen legen. Briefsendungen sollen innerhalb von drei Werktagen nach Einwurf ihren Bestimmungsort erreichen. Die Laufzeitvorgabe soll künftig im Schnitt von 99 Prozent der Sendungen nicht überschritten werden dürfen. Dieser Wert soll nicht mehr im gesamten Bundesgebiet und im Jahresdurchschnitt, sondern in einem von der Bundesnetzagentur festgelegten Zustellgebiet im Quartalsdurchschnitt erreicht werden. Die Briefzustellung soll künftig an fünf Tagen in der Woche erfolgen. Zum Universaldienst soll künftig auch das Anbieten einer rudimentären Möglichkeit der digitalen Nachverfolgbarkeit von Briefsendungen gehören.

2.2 Sonstige Tagesordnungspunkte

Beschluss des Deutschen Bundestages gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 und 7 des Grundgesetzes. Infolge des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 15. November 2023 ist der Haushalt 2023 offenkundig verfassungswidrig. Um die Verfassungsmäßigkeit des Haushalts 2023 wiederherzustellen, soll ein Nachtragshaushalt verbunden mit einer sog. Notlagenerklärung nach Art. 115 GG Abs. 2 Satz 6 und 7 Grundgesetz eingebracht und verabschiedet werden. Die Schuldenbremse wird also von der Ampelmehrheit erneut ausgesetzt. Die erneute Aussetzung der Schuldenbremse (Notlagenerklärung) für das Jahr 2023 war im Koalitionsvertrag der Ampel bisher eigentlich ausgeschlossen, der Bundesfinanzminister wollte sie mit allen Mitteln vermeiden. Sie ist dennoch die einzig verbliebene Möglichkeit, die von der Ampel selbstverursachte Verfassungswidrigkeit des Haushalts 2023 noch zu heilen. Die sog. Notlagenerklärung ist durch das Urteil erzwungenermaßen konstruiert, um den Verfassungsbruch zu legitimieren. Zudem ist die rückwirkende Erklärung einer Notlage so in der Verfassung nicht vorgesehen. Sie bedeutet einen sehr harten Eingriff in das Budgetrecht des Parlaments.

Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2023 (Nachtragshaushaltsgesetz 2023). Aufgrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 15. November 2023 muss die Bundesregierung ihre gesamte Haushaltsplanung überarbeiten und verfassungsfest machen. Dazu dient der Nachtragshaushalt inkl. dem Antrag auf „Aussetzen der Schuldenbremse“ (s.o.). Die Überarbeitung der bisherigen Haushaltsplanung infolge des Urteils gilt aber ebenso für den Haushalt 2024. Hierzu steht noch ein gesondertes parlamentarisches Verfahren aus.

Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz). Das Digital-Gesetz soll den Behandlungsalltag für Ärztinnen und Ärzte sowie für Patientinnen und Patienten mit digitalen Lösungen vereinfachen. Zentraler Bestandteil des Gesetzes ist die Einrichtung der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle. Sie soll den Austausch und die Nutzung von Gesundheitsdaten vorantreiben und die Versorgung gezielt unterstützen. Zudem wird das E-Rezept als verbindlicher Standard eingerichtet. Der grundsätzlichen Zielrichtung des Gesetzentwurfes ist zuzustimmen. Allerdings fehlen wichtige Bestandteile, wie etwa ein Maßnahmenpaket, das Ärzte bei der Digitalisierung unterstützt – ebenso wie die angekündigte Nutzerorientierung. Darüber hinaus bleibt der Gesetzentwurf hinter den Möglichkeiten, die die Telemedizin und die Digitalisierung bereits heute bieten, zurück.

Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz). Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz sollen Gesundheitsdaten für die Forschung erschlossen werden. Kern des Gesetzes ist die erleichterte Nutzbarkeit von Gesundheitsdaten für gemeinwohlorientierte Zwecke. Dazu wird unter anderem eine dezentrale Gesundheitsdateninfrastruktur mit einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für die Nutzung von Gesundheitsdaten aufgebaut. Auch hier ist die grundsätzliche Zielrichtung des Entwurfes unterstützenswert. Jedoch ist der Gesetzentwurf wenig ambitioniert. Möglichkeiten zur Einbindung weiterer Sozialdatenbestände bleiben unberücksichtigt, die Nutzung von KI-Anwendungen wird somit erschwert. Ohnehin bleibt die konkrete Verknüpfung mit dem europäischen Gesundheitsdatenraum offen.

 

3. Wichtige Termine und Ausblick

  1. Inland:
  • Dezember: BK Scholz nimmt auf Einladung des Zentralrats der Juden am Gemeindetag unter dem Motto „Gemeinsam leben“ teil und hält ein Grußwort (14. Dezember: Eröffnung mit BPräs Steinmeier, 15. Dezember: MP Wüst und BM Baerbock),
  • Dezember: OB-Stichwahl in Pirna,
  • Dezember: BVerfG-Urteil zur Bundestagswahl in Berlin.
  1. Außen/EU:
  • -12. Dezember: Präsidentschaftswahl in Ägypten (al-Sisi kandidiert für dritte Amtszeit; Wahlergebnis soll am 18. Dezember verkündet werden),
  • /12. Dezember: Konferenz 75 Jahre Allgemeine Menschenrechtserklärung in Genf,
  • Dezember: geplanter Abschluss der Weltklimakonferenz (COP28) in Dubai,
  • Dezember: Rat für Allgemeine Angelegenheiten (Vorbereitung ER, Europäisches Semester, Rechtsstaatlichkeitsdialog Erweiterung),
  • Dezember: EU-Westbalkangipfel mit BK Scholz (Ukraine, Ernährungssicherheit, Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik sowie EU-Beitrittsperspektive),
  • Dezember: Weltflüchtlingsforum des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Genf,
  • /15. Dezember: Europäischer Rat (Lage in der Ukraine, Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau, Überarbeitung des mehrjährigen Finanzrahmens, Lage im Nahen Osten, Migration),
  • Dezember: EZB-Ratssitzung mit Zinsentscheidung,
  • Dezember: Parlamentswahlen in Serbien.

Friedrich Merz MdB, Vorsitzender

Bericht des Vorsitzenden zur Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag am 27. November 2023

 

1. Kernbotschaften der Woche

Im Zentrum dieser Sitzungswoche steht die Haushaltspolitik.

Auch wenn die förmlichen Beratungen zum Bundeshaushalt 2024 für diese Woche auf unseren Druck hin von der Tagesordnung abgesetzt wurden, steht diese Sitzungswoche dennoch ganz im Zeichen der Haushaltspolitik.

In dieser Woche wird der Bundeskanzler eine Regierungserklärung abgeben. Wir hatten ihn hierzu in der vergangenen Woche schriftlich aufgefordert. Unsere Erwartung ist eindeutig: Klarheit und Wahrheit sind nicht nur die richtigen Grundsätze in der Haushaltspolitik, sondern ein guter Maßstab für jedwedes politisches Handeln. Daran werden wir den Bundeskanzler messen.

Das Kabinett hat zudem im Umlaufverfahren einen Nachtragshaushalt für das Haushaltsjahr 2023 beschlossen. Diesen werden wir am Donnerstag im Haushaltsausschuss beraten und am Freitag im Plenum diskutieren. Als konstruktive Opposition werden wir uns die Begründung der Bundesregierung für die – rückwirkende – Aussetzung der Schuldenbremse für 2023 gewissenhaft anschauen.

Das Karlsruher Urteil ist eine krachende Niederlage für die Ampel. Erstmalig hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich über die Auslegung der Schuldenbremse geurteilt. Der Trickserei der Ampel, Notlagen-Mittel freihändig umzuwidmen und in Form von Sondervermögen überjährige Selbstbedienungstöpfe einzurichten, wurde ein Ende bereitet. Das Karlsruher Urteil ist eine gute Nachricht für die Steuerzahler und für die Finanzstabilität der Bundesrepublik Deutschland.

Der Einsatz für solide Haushalte gehört zum politischen Markenkern der Union. Die politische Bringschuld in dieser Situation bleibt jedoch dort, wo sie hingehört: bei der Bundesregierung. Die Bundesregierung ist nun gefordert, einen Vorschlag zu unterbreiten, wie ein verfassungskonformer Bundeshaushalt 2024 gestaltet werden kann.

Aktuelle Stunde: „Wirtschafts-Wende jetzt – Vorfahrt für Freihandel vor Parteipolitik“.

Die Grünen haben sich auf ihrem Parteitag gegen den Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens ausgesprochen. Diese Entscheidung ist sowohl inhaltlich falsch als auch politisch befremdlich.

Sie ist inhaltlich falsch, denn Handelspartnerschaften sind eine wichtige Grundlage für intensiveren wirtschaftlichen Austausch, die Mehrung des Wohlstands und politischen und gesellschaftlichen Dialog. Sie sind auch Kernelement zur Diversifizierung unserer Lieferketten und zur Stärkung der Resilienz unserer Volkswirtschaft. Für Deutschland und Europa ist die Partnerschaft mit Demokratien in Lateinamerika auch geopolitisch bedeutsam. Nur in Zusammenarbeit mit Wertepartnern wird der Erhalt der internationalen regelbasierten Ordnung und die Stärkung freiheitlich-demokratischer Gesellschaften in einer multipolaren Welt gelingen können.

Die Entscheidung der Grünen ist zudem politisch fragwürdig. Die Partei stellt den Bundeswirtschaftsminister und die Außenministerin – da läge es nahe, den wirtschaftspolitischen Schulterschluss mit unseren Partnern in der Welt zu suchen, damit Deutschland nicht den Anschluss verliert. Das Mercosur-Abkommen würde unsere Wirtschaft beleben und neue Absatzmärkte für deutsche Unternehmen erschließen. Die Bundesminister Habeck und Baerbock konnten sich dennoch nicht gegen die ideologischen Vorbehalte ihrer Partei durchsetzen. Schlecht für Deutschland, schlecht für unsere Wirtschaft und schlecht für unsere Arbeitsplätze.

2. Die Woche im Parlament

2.1 Initiativen unserer CDU/CSU-Fraktion

In dieser Woche debattieren wir die Antwort der Bundesregierung zu unserer Großen Antrage Weiteres Vorgehen der Bundesregierung hinsichtlich des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) bildet seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2007 die Rechtsgrundlage für befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Es ist ein Sonderbefristungsrecht für die Wissenschaft. Im Koalitionsvertrag haben die Ampelparteien eine Novellierung des WissZeitVG angekündigt. Am 17. März 2023 hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) dazu ein Eckpunktepapier veröffentlicht. Zwei Tage später wurden die vorgestellten Eckpunkte nach massiver Kritik aus der gesamten Breite der deutschen Wissenschaft zurückgezogen. Am 6. Juni 2023 hat das BMBF schließlich einen Referentenentwurf zur Novellierung des WissZeitVG der Öffentlichkeit vorgestellt – der nicht in Koalition abgestimmt wird. Ein Kabinettbeschluss liegt weiterhin nicht vor. Unsere Große Anfrage fasst hier nach und hinterfragt, ob die Novellierung des WissZeitVG weiterhin ein gemeinsames Koalitionsvorhaben darstellt und falls ja, wie das weitere Verfahren ablaufen soll.

Wirtschaftsstandort Deutschland stärken, Wirtschaft unterstützen – Abbau überflüssiger und belastender Bürokratie. Der Normenkontrollrat hat festgestellt: Die deutsche Wirtschaft sieht sich mit weiter steigenden Belastungen durch Bürokratie gegenüber. Der sogenannte Erfüllungsaufwand ist im Zeitraum 2021/22 von rund 6,7 auf etwa 17,4 Milliarden Euro angestiegen (Jahresbericht 2022, Seite 4). Dieser Anstieg für unsere Unternehmen fällt deutlich höher aus als in den Jahren zuvor. Eine Steigerung verbleibt selbst noch nach Abzug der durch die Mindestlohnentwicklung verursachten Mehrkosten. Überbordende Dokumentations-, Melde- und Aufbewahrungspflichten, lange Verfahrensdauern sowie Vollzugs- und Umsetzungsprobleme in Behörden belasten unsere Wirtschaft. Dies betrifft alle Bereiche, vom Selbstständigen bis hin zu großen Unternehmen. Das schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland und kostet Unternehmen unnötig Geld, Zeit, Nerven und Personal. Mit unserem Antrag fordern wir deshalb: In diesem Jahrzehnt müssen wir es schaffen, dass sich die Wirtschaft mehr auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, neue Ideen umsetzen und Arbeitsplätze sichern kann. Behördenkommunikation und das Ausfüllen von Formularen dürfen nicht Überhand nehmen. Der Bürokratieabbau ist und bleibt eine Daueraufgabe. Er kostet wenig, kann erhebliche Erleichterungen bringen und wirkt wie ein Konjunkturprogramm. Richtig gemacht, kann er gerade in Krisenzeiten einen Beitrag zur Entfesselung der deutschen Wirtschaft und damit zu neuem Wirtschaftswachstum sowie für mehr Klimaschutz leisten.

Einsetzung einer Kommission zur Überprüfung der Wirtschafts- und Sicherheitsbeziehungen zwischen Deutschland und China. Mit unserem Antrag, den wir in dieser Woche erstmalig beraten, fordern wir: Der Deutsche Bundestag setzt eine „Kommission zur Überprüfung der sicherheitsrelevanten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China“ ein. Damit wollen wir eine umfassende Prüfung einleiten, wie angesichts eines sich ändernden handels- und geopolitischen Umfelds und trotz eines globalen Wettbewerbs die Sicherheit und Verlässlichkeit unserer Wertschöpfungsketten, unserer Energie- und Rohstoffimporte im Rahmen der nationalen und europäischen Sicherheit verbessert werden können. Ziel der Kommission soll die rechtliche, ökonomische und politische Prüfung eines entsprechenden Handlungsbedarfes zu Anpassungen etwa im Außenwirtschaftsrecht sein. Die Kommission soll darauf aufbauend Handlungsoptionen möglichst im Konsens formulieren, die gegebenenfalls in förmliche Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden.

Die Auswirkungen der Corona-Krise sowie die Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben vielen Menschen vor Augen geführt, dass eine ausreichende Versorgung mit vielfältigen Lebensmitteln nicht selbstverständlich ist. Deutlich wurde auch, wie wichtig es ist, sich nicht in eine komplette Abhängigkeit zu einzelnen Drittstaaten zu begeben. Vielmehr gilt es dafür zu sorgen, dass Deutschland und die Europäische Union sich so weit wie irgend möglich selbständig mit Nahrungsmitteln versorgen beziehungsweise auf vielfältige Lieferketten und Handelspartner setzen können. Dies gilt es bei allen relevanten politischen Entscheidungen sicherzustellen. Mit unserem Antrag Nahrungsmittelversorgung sicherstellen – Selbstversorgungsgrad in Deutschland und Europa erhalten machen wir konkrete Vorschläge, wie wir die Ernährungssicherheit in Deutschland stärken können.

Mit unserem Antrag Elementarschadenversicherung fit für die Zukunft machen stellen wir fest: Die Auswirkungen des Klimawandels sind inzwischen auch in Deutschland spürbar. Die Groß- und Kleinschadenereignisse, die sich auf Klima- und Wetterveränderungen zurückführen lassen, nehmen stetig zu. Dabei stellen insbesondere die zunehmende Zahl an Starkregenereignisse ein großes Problem dar. Die bei Elementarschadenereignissen auftretenden Schäden sind für die Eigentümerinnen und Eigentümer zunehmend von existenzieller Bedeutung und können schnell in die Hunderttausende Euro gehen. Die einfache Wohngebäudeversicherung leistet in der Regel nicht bei Überschwemmung und Starkregen, sondern lediglich bei Feuer, Blitzschlag, Sturm und Hagel. Für den Schutz gegen Überschwemmung und Starkregen bedarf es einer Elementarschadenversicherung, die im Rahmen der Wohngebäudeversicherung gegen eine Zusatzprämie angeboten wird. Lediglich etwa 50 Prozent der circa 8,5 Mio. Wohngebäudeversicherungen in Deutschland besitzen eine Elementarschadenabsicherung. Eine Ursache hierfür ist, dass sich viele Eigentümerinnen und Eigentümer in der Sicherheit wiegen, dass auch bei zukünftigen katastrophalen Schadensereignissen für nicht versicherte Wohngebäude aus Billigkeitserwägungen staatliche Hilfen gezahlt würden. Mit unserem Antrag fordern wir deshalb eine gesetzliche Regelung, dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit einer Elementarschadenabsicherung angeboten wird, die nach Belehrung über die Konsequenzen abgewählt werden kann (Opt-Out). Im Bestandsgeschäft sollen sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden, die innerhalb einer gewissen Frist nach Belehrung über die Konsequenzen gleichfalls abgewählt werden kann.

Versorgung von Menschen in psychischen Krisen und mit psychischen Erkrankungen stärken. Viele Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche erkranken im Laufe ihres Lebens an einer psychischen oder psychiatrischen Krankheit. Die Corona-Pandemie hat dies nochmal verstärkt – auch Jahre nach Beginn der Pandemie zeigen sich weiterhin deutliche Hinweise auf anhaltenden psychosomatischen Stress. Eine frühzeitige Diagnostik und Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist zentral, um diese Herausforderungen zu meistern. Auch im Hinblick auf die vom Bundestag beschlossene notwendige Stärkung der Suizidprävention, ist es wichtig, Wege aus Krisen aufzuzeigen. Unser Antrag enthält vor diesem Hintergrund ein umfassendes Bündel an Maßnahmen, um die Versorgung von psychisch Kranken zu verbessern und insbesondere eine bedarfsgerechte, wohnortnahe Versorgung qualitätsgerecht – ambulant, stationär und sektorenübergreifend – sicherzustellen sowie auftretende Wartezeiten zu reduzieren.

Der Bundesminister für Digitales und Verkehr muss sein Versprechen einlösen – Kein Verbot des klimaneutralen Verbrennungsmotors. In der Europäischen Union (EU) dürfen ab dem Jahr 2035 nur noch Pkw und leichte Nutzfahrzeuge neu zugelassen werden, die nicht mit Benzin oder Diesel fahren und die kein CO₂ ausstoßen. Darüber hinaus ist zwischen der EU und Deutschland vereinbart, bis Herbst 2024 eine neue Fahrzeugkategorie namens „E-Fuels only“ zu schaffen, im Rahmen derer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich mit klimafreundlichen Kraftstoffen betrieben werden können, auch über 2035 hinaus weiter neu zugelassen werden können. Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing MdB hat öffentlich bekannt gegeben, dass als Ergebnis der Verhandlungen auf europäischer Ebene die Zukunft des Verbrennungsmotors auch über 2035 hinaus gesichert wurde. Er reklamiert dies als großen, eigenen Verhandlungserfolg von immenser Bedeutung für die deutschen Verbraucher sowie für die Automobil- und Zulieferindustrie. Gleichwohl gibt es keine rechtlich bindenden Vereinbarungen und keine belastbaren Garantien, dass eine entsprechende Regelung auf europäischer Ebene tatsächlich bis Herbst 2024 geschaffen wird. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche erstmals beraten – bringen wir 11 Forderungen an die Bundesregierung vor. Dabei geht es vornehmlich um die verbindliche Regelung von Möglichkeiten der Neuzulassung von ausschließlich mit klimafreundlichen Kraftstoffen betriebenen Fahrzeugen auch über das Jahr 2035 hinaus und bezahlbare Mobilität sowie Technologieoffenheit.

Handlungsfähigkeit der Strafverfolgungsbehörden sichern – Entscheidung des BMI bezüglich der polizeilichen Analyse-Software „Bundes-VeRA“ revidieren. Ein wichtiges Ziel der Modernisierung der polizeilichen IT-Infrastruktur besteht darin, dass polizeiliche Informationen zukünftig leichter als bisher zwischen den Polizeibehörden des Bundes und der Länder ausgetauscht werden können. Ein verbesserter polizeilicher Informationsaustausch stand auch im Mittelpunkt der Bemühungen des BMI, eine „verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“ (VeRA) auf Bundesebene einzuführen. „VeRA“ wird ihn ähnlicher Form bereits von den Polizeien der Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen genutzt. Die Software „Bundes-VeRA“ sollte dazu beitragen, die Analysefähigkeit der Polizeibehörden von Bund und Ländern zu verbessern, um schwere und organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Mit der Analyseplattform können verschiedene Polizei-Datenbanken gleichzeitig durchsucht werden und in Ermittlungsverfahren Querverbindungen sichtbar gemacht werden. In Hessen und NRW konnten bereits mehrere beachtliche Ermittlungserfolge erzielt werden. Dessen ungeachtet entschied Bundesinnenministerin Nancy Faeser Anfang Juli 2023, dem Bundeskriminalamt sowie der Bundespolizei die Einführung der Analyse-Plattform „Bundes-VeRA“ zu untersagen. Stattdessen wolle man nun ein polizeiliches Analysetool „in eigener digitaler Kompetenz“ entwickeln. Wann dieses einsatzbereit sein würde, sagte das BMI jedoch nicht. Mit unserem Antrag stellen wir fest: Mehr denn je bedarf es handlungsfähiger und nach dem Stand der Technik ausgestatteter Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden. Ein effektiver Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern ist dafür zwingend. Die Strafverfolgungsbehörden brauchen insbesondere bei der Bekämpfung schwerer Kriminalität, wie der Abwehr von Terrorismus, sexuellem Kindesmissbrauch oder der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, die dringend benötigten Analysetools.

2.2 Sonstige Tagesordnungspunkte

Gesetz zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz). Mit dem Entwurf – den wir in dieser Woche in erster Lesung beraten – legt die Bundesregierung eine Sammlung von Einzelmaßnahmen zur besseren Umsetzung von Rückführungen vor. So soll u.a. die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll im Einklang mit dem verfassungs- und europarechtlichen Rahmen von derzeit zehn auf 28 Tage verlängert werden. Damit erhalten die Behörden mehr Zeit, eine Abschiebung vorzubereiten. Diese Maßnahme wurde bereits im Mai auf der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen, erst jetzt – ein halbes Jahr später – beginnt das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren. Die Änderung ist nicht falsch, die quantitativen Auswirkungen auf Rückführungen dürften allerdings gering sein. Eine weitere Maßnahme: Bei Personen, die wegen eines Schleusungsdelikts mindestens zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurden, wiegt das Ausweisungsinteresse künftig besonders schwer, was eine Abschiebung erleichtert. Auch soll die Ausweisung von Mitgliedern krimineller Vereinigungen erleichtert und unabhängig von einer individuellen strafgerichtlichen Verurteilung möglich werden. Auch das ist grundsätzlich positiv, allerdings muss diese Regel erst noch den Praxistest bestehen. Eine Abschiebung soll bei Ausreisepflichtigen in Haft nicht mehr angekündigt werden. Ebenso soll die einmonatige Ankündigungspflicht für Abschiebungen, denen eine mindestens einjährige Duldung vorausging, gestrichen werden. Ausnahmen gelten für Familien mit Kindern unter 12 Jahren. Auch das ist eine notwendige und richtige Regelung. Daneben plant die Ampel eine Sammlung weiterer kleiner Einzelmaßnahmen, die auch zusammengenommen absehbar nur geringe Auswirkungen auf die Durchführung von Rückführungen haben werden. Die Komplexität des Aufenthalts- und Rückführungsrechts wird durch zusätzliche Sonderregelungen sogar noch verschärft.

In erster Lesung beraten wir den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts. Im Kern will die Koalition die Anforderungen zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft deutlich absenken. Dies betrifft insbesondere: Verkürzung der Mindestaufenthaltszeit bis zur Antragstellung auf die deutsche Staatsbürgerschaft auf in der Regel 5 Jahre (bisher 8). Bei „besonderen Integrationsleistungen“ soll sich der Zeitraum auf 3 Jahre verkürzen (bisher 6). Zudem soll eine allgemeine Härtefallregelung eingeführt werden: Wenn „trotz ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen“ der Erwerb ausreichender Sprachkenntnisse „nicht möglich oder dauerhaft wesentlich erschwert“ ist, dann wird auf schriftliche Deutschkenntnisse und den Einbürgerungstest verzichtet. Das bisher geltende Erfordernis der „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ soll durch zwei definierte Ausschluss-Fälle ersetzt werden: Wenn der ausländische Staatsangehörige gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist oder „durch sein Verhalten [zeigt], dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet“. Darüber hinaus soll der Doppelpass generell zugelassen und die Optionspflicht abgeschafft werden. Auch bei den Anforderungen an die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts nimmt die Ampel Änderungen vor. Künftig soll gelten: Die betreffende Person muss zwar in Vollzeit erwerbstätig sein und dies innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 20 Monate lang gewesen sein. Eine Aufstockung mit Sozialleistungen wird hier jedoch anerkannt – und zwar für den Einzubürgernden selbst wie auch für dessen Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner, sofern eine familiäre Gemeinschaft mit einem minderjährigen Kind besteht. Für uns gilt allerdings: Die Einbürgerung ist Ergebnis und nicht Beginn gelungener Integration. Wir freuen uns, wenn Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit nach gelungener Integration Deutsche werden möchten. Wir freuen uns, wenn sie auf diesem Wege ein klares Bekenntnis zu Deutschland abgeben. Der Gesetzentwurf der Ampel genügt diesem Anspruch – Einbürgerung als Ergebnis gelungener Integration – jedoch nicht. Besonders kritisch sehen wir die Anpassungen bei der Lebensunterhaltssicherung. Für uns muss gelten: Eine volle Aufnahme von Arbeit ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen muss auf dem Weg zur Staatsangehörigkeit die Regel bleiben und darf nicht zur Ausnahme werden.

In erster Lesung beraten wir den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Völkerstrafrechts. Ziel des Entwurfs ist laut Bundesregierung, Strafbarkeitslücken insbesondere im Hinblick auf den Einsatz sexueller Gewalt in Konflikten zu schließen sowie einen Gleichlauf zwischen dem Römischen Statut und dem deutschen Völkerstrafgesetzbuch herzustellen. Darüber hinaus sollen Folgeänderungen aufgrund der Ratifikation des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen berücksichtigt werden. Zudem sollen von Völkerstraftaten Verletzte die Möglichkeit erhalten, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen und einen Anspruch auf Beiordnung eines für sie kostenlosen Rechtsbeistands oder einer psychosozialen Prozessbegleitung zu erhalten. Wir befürworten den Entwurf im Grundsatz, werden aber an einigen Stellen noch auf Verbesserungen dringen. In einer Anhörung wird zudem näher zu prüfen sein, ob die Ausweitung der Nebenklage und die Einführung von Filmaufnahmen der Verfahren sinnvoll sind. Der Deutsche Richterbund befürchtet, dass die Ausweitung der Nebenklagebefugnis und des Anspruchs auf voraussetzungslose Beiordnung eines Rechtsanwalts die Justiz überfordern werden. Die Filmaufnahmen lehnt der Deutsche Richterbund ebenfalls ab und sieht die Gefahr, dass die Wahrheitsfindung im Strafprozess beeinträchtigt und der Opferschutz massiv geschwächt werden könnte. Die Änderungen werden insoweit – anders als es der Titel des Gesetzentwurfs nahelegt – nicht nur Auswirkungen auf Verfahren wegen Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch haben.

 

3. Wichtige Termine und Ausblick

  1. Inland:
  • November: Sonderparteitag CDU Bremen,
  • November: BK Scholz lädt zum Spitzengespräch der „Strategieplattform Transformation der Automobil- und Mobilitätswirtschaft“,
  • November: Press Freedom Awards Preisverleihung von Reporter ohne Grenzen,
  • November: Vorstellung des Monitoringberichts zu den Folgen des Klimawandels in Deutschland mit BM Lemke und UBA-Präs Messner,
  • November: Gewerkschaft GEW ruft Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst der Länder zu bundesweitem Bildungsstreiktag auf,
  • November: Kultur- und medienpolitischer Empfang der SPD-Bundestagsfraktion,
  • November: BVerfG verkündet Urteil zur Reform des Bundestagswahlrechts von 2020,
  • November: BK Scholz hält Festvortrag zum 75-jährigen Bestehen der KfW,
  • November: BK Scholz nimmt Weihnachtsbaum für das Bundeskanzleramt entgegen,
  • November: Statistisches Bundesamt gibt Inflationsrate für November bekannt,
  • November: Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht Arbeitsmarktbericht November,
  • November: OVG Berlin-Brandenburg: Urteil auf Klagen von Umweltorganisationen für Sofortprogramm der Bundesregierung zum Klimaschutz,
  • November/1. Dezember: Umweltministerkonferenz (Wolf),
  • November: BK Scholz hält Eröffnungsrede bei der Preisverleihung des GermanDream-Awards (zivilgesellschaftliches Engagement),
  • Dezember: DOSB berät deutsche Olympiabewerbung.
  1. Außen/EU:
  • /27. November: BPräs Steinmeier in Israel (anschließend Oman, Katar),
  • November: Handelsministerrat (Handelsbeziehung USA, Vorbereitung WTO-Ministerkonferenz, Handelsabkommen Chile),
  • /28. November: Arbeits- und Sozialministerrat (Europäischer Behindertenausweis, Europäisches Semester, soziale Investitionen, Koordinierung Systeme sozialer Sicherheit, Plattformarbeit),
  • November: BM Faeser trifft Innenminister aus Österreich und Visegrad-Vier-Staaten,
  • /29. November: NATO-Außenministertreffen (Unterstützung Ukraine, Ausbau der Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit),
  • November: BK Scholz empfängt den maltesischen Ministerpräsidenten Robert Abela,
  • November: Forum Außenpolitik der Körber-Stiftung mit BM Baerbock und LIT-Außenminister Landsbergis,
  • November: EU-KOM: Passagiermobilitätspaket (gemeinsamer europäischer Mobilitätsdatenraum, Überarbeitung von Pauschalreisen, Überprüfung des Fahrgastrechterahmens), Anti-Schmuggel-Paket, Erleichterung des Netzausbaus,
  • November: Beginn Weltklimakonferenz (COP28) in Dubai (bis 12. Dezember; 200 Staaten; bis zu 70.000 Teilnehmer; 1. Dezember: Teilnahme BK Scholz und BM Schulze),
  • November: Gesundheitsministerrat (strategische Autonomie, psychische Gesundheit),
  • November: Kohäsionsministerrat (Zukunft der Kohäsionspolitik),
  • November: OSZE-Außenministertreffen,
  • Dezember: EST-PM Kallas erhält Marion-Dönhoff-Preis.

Unterkategorien

Kalender – Kommende Termine

24.04.202400:00 - 00:00 Uhr | Sitzungstag Deutscher Bundestag in Berlin
25.04.202400:00 - 00:00 Uhr | Sitzungstag Deutscher Bundestag in Berlin
26.04.202400:00 - 00:00 Uhr | Sitzungstag Deutscher Bundestag in Berlin
26.04.202415:00 - Uhr | Klausurtagung CDU Kreisvorstand in Lautertal
21.05.202418:00 - 19:00 Uhr | Bürgersprechstunde in Heppenheim
18.06.202418:00 - 19:00 Uhr | Bürgersprechstunde in Fürth

Folgen Sie mir auf X (Twitter)!

© Copyright by Dr. Michael Meister 2021

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.