Friedrich Merz MdB, Vorsitzender
Bericht des Vorsitzenden zur Sitzung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag am 2. Juli 2024
1. Kernbotschaften der Woche
Unser Gesetzentwurf zur Verbesserung des Opferschutzes, insbesondere für Frauen und verletzliche Personen.
Der Schutz der Opfer von Straftaten und besonders verletzlicher Personen ist eine zentrale Aufgabe des Staates. Die aktuellen Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sowie des Lagebilds „Häusliche Gewalt“ zeigen dringenden Handlungsbedarf: Im Jahr 2023 wurden 256.276 Menschen in Deutschland Opfer häuslicher Gewalt, davon sind 70,5 Prozent weiblich. Dies ist ein Anstieg um 6,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022. 155 Frauen und 24 Männer sind im Jahr 2023 durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet worden. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir eine Verbesserung des Opferschutzes erreichen, insbesondere für Frauen und verletzliche Personen wie Kinder, Senioren und Menschen mit Behinderungen. Der Rechtsstaat muss entschlossen auf diese besonders verwerflichen Gewaltverbrechen reagieren. Die Täter müssen angemessen und hart bestraft werden. Wir fordern deshalb eine Erhöhung der Mindeststrafen für Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung – soweit die Körperverletzung mittels einer Waffe oder eines Messers begangen wurde – sowie bei Gruppenvergewaltigungen. Gleiches gilt bei Nachstellung („Stalking“) und Verstößen nach dem Gewaltschutzgesetz. Wir wollen zudem das strafschärfende Merkmal „unter Ausnutzung der körperlichen Überlegenheit“ bei Mord, gefährlicher Körperverletzung und Raub einführen. Mit unserem Gesetzentwurf setzen wir ein klares Zeichen: Der Schutz besonders verletzlicher Personen – Frauen, Kinder, Senioren und Menschen mit Behinderungen – hat in unserem Rechtsstaat Priorität.
Aktuelle Stunde: „Gewalttäter aus Parallelgesellschaften: Ursachen und Konsequenzen der Tat von Bad Oeynhausen ehrlich benennen“.
Der Mord an dem 20-jährigen Philippos T. im Kurpark von Bad Oeynhausen durch einen 18-jährigen Syrer hat Deutschland erschüttert und bewegt. Die grausame und erbarmungslose Tat fügt sich ein in eine Reihe weiterer schwerer Gewaltverbrechen in den letzten Wochen und Monaten, oftmals begangen durch junge, ausländische Täter. Den Taten gemein ist der nichtige oder gar nicht vorhandene Anlass und die darauffolgende enthemmte Gewalt, sei es durch Messer und andere Waffen oder durch brutale Schläge und Fußtritte.
Diese Taten werfen Fragen auf – grundlegende Fragen danach, wohin sich unsere Gesellschaft entwickelt, wie sicher wir im Alltag leben, wie der Staat unsere Sicherheit gewährleistet. Und auch danach, welche Auswirkungen die Regierungspolitik der ungesteuerten Migration auf unser Zusammenleben hat und in der Zukunft weiter haben wird.
Wir sehen dringenden politischen Handlungsbedarf in drei Bereichen: Beim Strafrecht, beim Einfordern von Integration und bei der Migrationspolitik insgesamt. Gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden muss die Strafe der Tat auf dem Fuße folgen. Bei jungen Erwachsenen muss das Erwachsenenstrafrecht gelten. Integration fordern wir deutlicher als bislang ein. Den Rückbau der Integrationsanforderungen durch die Ampel-Bundesregierung, etwa beim Aufenthaltsrecht und bei der Einbürgerung, lehnen wir ab. Schließlich müssen wir die Kontrolle über die Einwanderung nach Deutschland zurückgewinnen und Migration auf ein integrierbares Maß begrenzen.
Unser Antrag: „Erfolgsgeschichte Strukturwandel weiterschreiben – Planbarkeit und Verlässlichkeit für die ostdeutschen Strukturwandelregionen sicherstellen”.
In der letzten Legislaturperiode wurde der Ausstieg aus der Kohleverstromung beschlossen. Davon sind die Braunkohlereviere –insbesondere das Lausitzer Revier, das Mitteldeutsche Revier und das ehemalige Braunkohlerevier Altenburger Land in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen – besonders betroffen. Um den Strukturwandel zu gestalten, wurden Maßnahmen und Investitionen zur Strukturstärkung vereinbart. Die betroffenen Regionen erhalten bis 2038 Mittel aus dem Investitionsgesetz Kohleregionen. Aktuell zeigen sich Probleme beim rechtzeitigen Mittelabfluss, insbesondere bei Großprojekten mit langen Planungs- und Genehmigungsprozessen. Die betroffenen Revierkommunen warnen vor einem Verfall der Bundesmittel aus der ersten Förderperiode, die nicht rechtzeitig bis Ende 2026 abgerufen werden.
Die Förderung des Strukturwandels in den ostdeutschen Kohleregionen muss wie vereinbart planbar und verlässlich erfolgen. Eine positive wirtschaftliche Entwicklung Ostdeutschlands muss durch einen erfolgreichen Strukturwandel in den Braunkohleregionen weiter fortgeschrieben werden. Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die finanzielle Absicherung des Strukturwandels zu gewährleisten – damit die soziale Abfederung des Kohleausstiegs in den ostdeutschen Regionen im Strukturwandel gelingen kann.
2. Die Woche im Parlament
2.1 Initiativen unserer CDU/CSU-Fraktion
Für mehr Anerkennung und Wertschätzung – Pflegende Angehörige weiter unterstützen. Für die Pflege waren die Ampeljahre bisher verlorene Jahre. Nach allen Prognosen wird es in dieser Wahlperiode keine größeren Verbesserungen für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen geben. Dabei bilden pflegende Angehörige das Rückgrat der pflegerischen Versorgung: Über 80 Prozent der Menschen mit Pflegebedarf werden in den eigenen vier Wänden gepflegt. Das sind rund 4,17 Millionen Menschen, die von knapp fünf Millionen Angehörigen versorgt werden. Meistens sind es die selbst betagten Ehepartner, die Versorgungsaufgaben übernehmen. Für diese Gruppe wollen wir das Vor-Ort Netzwerk – bestehend aus Pflegestützpunkten, Quartiersmanagement, Ehrenamt und Nachbarschaftshilfe – verbessern. Über die Angebote soll besser informiert werden. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche erstmals beraten – fordern wir die Bundesregierung überdies auf, den Einstieg in eine Entgeltersatzleistung/Lohnersatzleistung bei der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit anzustreben. Wir wissen, dass dies mit hohen Kosten verbunden ist – das Ziel wollen wir aber weiter im Blick behalten. Des Weiteren sollen die Begutachtungen durch den Medizinischen Dienst flexibilisiert und neutrale Instanzen zur Bescheidung von Widersprüchen sollen eingeführt werden. Mit unserem Antrag greifen wir zahlreiche Forderungen auf, die wir mit unserem Positionspapier „Die Pflege zukunftsfest machen“ im letzten Oktober verabschiedet haben.
Stärkung der Ziviljustiz in internationalen Wirtschaftsstreitigkeiten durch Einrichtung von Commercial Courts. Die deutsche Justiz genießt zu Recht international große Anerkennung. Allerdings gibt es Defizite im Hinblick auf die Internationalität, die gerade aufgrund der zunehmenden Globalisierung immer wichtiger wird. Damit ausländische Vertragspartner und Prozessparteien nicht mehr davor zurückschrecken, vor deutschen Gerichten zu verhandeln, muss die staatliche Ziviljustiz in internationalen Wirtschaftsstreitigkeiten nachhaltig gestärkt werden. Dies soll durch die Einführung sog. Commercial Courts geschehen. Wir fordern mit unserem Antrag deshalb insbesondere eine Länderöffnungsklausel, damit die Länder per Rechtsverordnung Commercial Courts an Oberlandesgerichten einrichten können. In den Commercial Courts sollen Handelssachen mit internationalem Bezug erstinstanzlich verhandelt werden können. Diese sollen für komplexe Wirtschaftsstreitigkeiten ab einem Streitwert von über 2 Millionen Euro zuständig sein, wenn eine entsprechende Gerichtsstandvereinbarung der Parteien vorliegt. Zusammen mit unserem Antrag beraten wir abschließend den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit. Erst auf unseren Antrag hin wurde die Bundesregierung mit Vorlage des Justizstandort-Stärkungsgesetzes aktiv. Auch wenn das Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung ist, bedarf es nicht nur Änderungen des Prozessrechtes, sondern auch solcher im materiellen Recht, wie wir es in unserem Antrag vorschlagen.
Mit unserem Antrag Die Grenzkontrollen haben sich bewährt – Deutschlands Grenzen auch über die Europameisterschaft hinaus schützen greifen wir das aktuelle Thema der Binnengrenzkontrollen während der Fußball-Europameisterschaft auf. Die Notwendigkeit für Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen haben die jüngsten Maßnahmen gezeigt: Seit dem 7. Juni 2024 schützt die Bundespolizei alle land-, luft-, und seeseitigen deutschen Grenzen. In diesen drei Wochen vollstreckte die Bundespolizei an den Grenzen 603 offene Haftbefehle, stellte 85 Fahndungstreffer mit Bezügen zur politisch-motivierten Kriminalität fest, nahm 150 Schleuser fest, und stellte 4.659 unerlaubte Einreisen fest. Wir fordern deshalb, die Notifizierung der Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen bis auf weiteres über die Dauer der Fußball-Europameisterschaft hinaus zu verlängern, um der Bundespolizei so lageangepasste Grenzkontrollen zu ermöglichen. Diese Maßnahmen können ohne gravierende Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Verkehr durchgeführt werden – was auch ganz praktisch zeigt, dass kontrollierte Grenzen eben auch offene Grenzen bleiben. Die Bundespolizei hat hinreichende Erfahrungen, um die Kontrollen so flexibel und lageangepasst vorzunehmen, dass Auswirkungen auf die Öffentlichkeit minimiert werden.
In dieser Woche beraten wir unseren Entwurf für ein Gesetz zum beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken abschließend und parallel dazu auch den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen. Mit dem letztgenannten Entwurf soll im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) eine Beschlusskompetenz für virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen geschaffen werden. Überdies wird im Wohnungseigentumsrecht und im Mietrecht die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte in den Katalog der sogenannten privilegierten Maßnahmen aufgenommen. Mit steckerfertigen Photovoltaik-Anlagen (sog. Balkonkraftwerken) können Haushalte, egal ob Mietpartei oder Eigentümer, einen Teil des von ihnen benötigten Stroms selbst erzeugen. Dies reduziert die Stromkosten, macht unabhängiger und leistet einen Beitrag zum Klimaschutz. Diese Möglichkeit ist ein kostengünstiger Einstieg in die Nutzung Erneuerbarer Energien, der unkompliziert und leicht realisierbar für alle sein muss. Derzeit besteht kein Anspruch für Mieter und Wohnungseigentümer, steckerfertigen Photovoltaik-Anlagen eigenständig installieren zu dürfen. Vielmehr ist dies von der Zustimmung des Vermieters bzw. bei Wohneigentumsobjekten von der Eigentümergemeinschaft abhängig. Diese Zustimmungserfordernisse stellen große Hindernisse beim beschleunigten Ausbau von Balkonkraftwerken dar. Mit dem Gesetz werden Ansprüche von Mietern und Eigentümern für die Anbringung und Nutzung von Balkonkraftwerken geschaffen. Wir befürworten auch den Entwurf der Bundesregierung, denn er beinhaltet politische Forderungen der Union aus der Vergangenheit.
Echten Verbraucherschutz voranbringen. Der Verbraucherschutz ist bei der Ampel-Bundesregierung eine große Leerstelle. Unser Antrag – den wir in dieser Woche erstmals beraten – greift deshalb Forderungen aus der ganzen Breite unserer Fraktion und aus den verschiedenen Arbeitsgruppen auf und bündelt sie zu einem schlagkräftigen und wirksamen Gesamtkonzept. Der Antrag umfasst 23 konkrete Forderungen, insbesondere aus den Bereichen Digitales, Verkehr, Finanzen, Wohnen, Energie und Ernährung/Kennzeichnung. Wir finden: Die Ansiedelung des Verbraucherschutzes bei der Bundesumweltministerin wird den aktuellen Herausforderungen des Verbraucherschutzes nicht gerecht. Das BMUV selbst hat nahezu keine Gesetzgebungskompetenz im Verbraucherschutzbereich. Die wenigen, ursprünglich angedachten Vorhaben, wie z.B. das „Aktionsprogramm reparieren statt wegwerfen“, wurden nicht realisiert. Dabei nimmt die Bedeutung des Verbraucherschutzes stetig zu. Gerade die Digitalisierung hat das Verhältnis von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf der einen Seite und Unternehmen auf der anderen Seite auf komplexe Art und Weise verändert.
Mit unserem Antrag Die Energiewende bezahlbar gestalten – Kosten sparen beim Netzausbau wollen wir sicherstellen, dass die Energiewende kosteneffizient und mit hoher Akzeptanz umgesetzt wird. Der Erfolg der Energiewende hängt entscheidend vom Ausbau erneuerbarer Energien und neuer Kraftwerke ab. Wir betonen deshalb die Notwendigkeit, Kosten zu sparen und die Netzkapazitäten effizient zu nutzen. Der Netzausbau und die Integration erneuerbarer Energien müssen besser koordiniert werden, Offshore-Windenergie-Kapazitäten dürfen nicht ungenutzt bleiben, nur weil der Energieabtransport nicht sichergestellt ist. Wir fordern die Bundesregierung überdies auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Strompreise zu stabilisieren. Dazu gehört auch die Umstellung auf Freileitungen anstatt Erdverkabelung, um erhebliche Kosteneinsparungen zu realisieren. Wir drängen auf eine umfassende Kostenreduzierung, um die Belastungen für die Stromkunden zu minimieren und die Energiewende bezahlbar zu gestalten.
Energiespeicher jetzt ausbauen. Für eine größere Energiesouveränität und zur Erreichung der Klimaschutzziele ist neben dem Ausbau von erneuerbaren Energien für eine stabile und verlässliche Energieversorgung die Errichtung von Energiespeichern essenziell. Windenergie- und Solaranlagen speisen Ökostrom tageszeit- und witterungsbedingt nicht ständig und gleichmäßig ein. Die Erzeugung von erneuerbaren Energien kann daher einerseits nicht jederzeit die zudem steigende Nachfrage nach Strom bedienen. Andererseits übersteigt insbesondere an Tagen mit entweder vielen sonnenreichen Mittagsstunden oder mit viel Wind die Erzeugung von erneuerbaren Energien auch immer wieder die Nachfrage. In 15 konkreten Punkten schlagen wir mit unserem Antrag deshalb Maßnahmen zum Ausbau von Energiespeichern vor.
Ein Jahr nach den „Special Olympics World Games“ – Zeit für eine Bilanz. Mit unserem Antrag – den wir in erster Lesung in dieser Woche beraten – knüpfen wir an unsere Initiative „Mehr Teilhabe im Sport - den Erfolg der Special Olympics World Games nutzen“ vom 17. Oktober 2023 an. Die Bundesregierung soll das „Momentum“ der vor einem Jahr durchgeführten Special Olympics World Games nutzen, um die Bedingungen für Menschen mit mehrfacher bzw. geistiger Behinderung beim Sport zu verbessern. Wir fordern, dass die durch die Spiele gesammelten Erfahrungen genutzt werden, um einen barrierefreien Sport für alle Menschen zu gewährleisten. Die Sportpolitik auch des Bundes muss den bestehenden Nachholbedarf – er zeigt sich auch dadurch, dass nur acht Prozent dieser Zielgruppe überhaupt Sport treiben – dringend angehen.
Mit unserem Antrag Landwirtschaft tatsächlich entlasten – Ampel-Versprechen umgehend umsetzen, den wir in dieser Woche abschließend im Plenum beraten, fordern wir die Bundesregierung auf, ihren eigenen Ankündigungen Taten folgen zu lassen: Die den deutschen Land- und Forstwirten von der Koalition gegebenen Zusicherungen müssen jetzt in die Tat umgesetzt werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, dem Deutschen Bundestag rechtzeitig vor der parlamentarischen Sommerpause 2024 einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem insbesondere die von der Regierungskoalition deutlich erhöhte steuerliche Belastung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe insgesamt auf ein Niveau abgesenkt wird, das dem europäischen Durchschnitt entspricht. Darüber hinaus fordern wir Maßnahmen für eine deutliche Verbesserung der Liquidität sowie einen raschen und spürbaren Abbau der bürokratischen Lasten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Zudem muss auch eine Förderung für alternative Antriebstechnologien in der Landwirtschaft sowie für alternative und nachhaltig erzeugte Kraftstoffe in Blick genommen werden.
Kriminell erlangte Vermögen konsequent abschöpfen – Vermögensermittlungs- und Einziehungsverfahren außerhalb des Strafrechts schaffen. Mit unserem Antrag – den wir in dieser Woche erstmals beraten – fordern wir die Bundesregierung auf, gravierende Lücken bei den Ermittlungskompetenzen in der Finanzkriminalität zu schließen. Dies betrifft insbesondere verdächtige Vermögensgegenständen und Vermögen ungeklärter Herkunft, sowie eine Verbesserung der staatlichen Einziehungsmöglichkeiten. Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass Abschöpfung von Vermögen und Einziehung von Taterträgen wichtige Mittel bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität sind. Deshalb besteht in Deutschland seit 2017 die Möglichkeit, gewisse Vermögenswerte unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung einzuziehen. Allerdings können Ermittlungen zu verdächtigen Vermögenswerten erst aufgenommen werden, wenn ein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliegt. Es ist daher erforderlich, ein administratives Vermögensermittlungsverfahren zu schaffen, innerhalb dessen Ermittlungen unterhalb der Schwelle eines strafrechtlichen Anfangsverdachts möglich sind. Das Bundesministerium der Finanzen kommt mit Lösungsvorschlägen aber nicht voran. Der Entwurf für ein Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz (VVBG) hängt weiter im Ressortstreit fest.
2.2 Sonstige Tagesordnungspunkte
Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 2024 und zur Änderung des Stabilisierungsfondsgesetzes. (FAG-Änderungsgesetz 2024). Mit diesem Gesetz, das wir in dieser Woche abschließend beraten, werden endlich die zwischen dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten vereinbarten Beschlüsse aus den Ministerpräsidentenkonferenzen vom 6. November 2023 und vom 6. März 2024 zur Unterstützung der Länder bei den Flüchtlingskosten umgesetzt. Die bisherige fixe Flüchtlingspauschale iHv 1,25 Mrd. Euro p.a. wird ab 2024 durch eine jährliche Unterstützung abgelöst. Die Höhe der Zahlungen bemisst sich an den Zahlen der Asylanträge. Pro Asylantragsteller sollen Länder und Kommunen 7.500 Euro als jährliche Pauschale vom Bund erhalten. Für 2024 beträgt der Abschlag 1,75 Mrd. Euro, wovon schon 1,25 Mrd. Euro bereits geflossen sind, so dass die gesetzestechnische Änderung bei der Umsatzsteuerverteilung 500 Mio. Euro beinhaltet. Von 2024-2028 werden zudem jährlich 100 Mio. Euro (500 Mio. Euro gesamt) für die Wärmeplanung im Rahmen einer geänderten Umsatzsteuerverteilung bereitgestellt.
Erstes Gesetz zur Änderung des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes. Im Rahmen der aktuellen Agrarförderperiode verfolgt die EU unter dem Stichwort „soziale Konditionalität“ das Ziel, mit den Instrumenten der Agrarförderung zur Entwicklung einer sozialverträglichen Landwirtschaft beizutragen. Nach den Vorgaben der GAP-Strategieplan-Verordnung und der horizontalen Verordnung sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, spätestens ab dem 1. Januar 2025 Verstöße gegen bestimmte bereits bestehende Verpflichtungen des Arbeits- und Arbeitsschutzrechts mittels Verwaltungssanktionen in Form von Kürzungen bei der EU-Agrarförderung zu ahnden. Dabei greifen die Mitgliedstaaten auf ihr bestehendes Kontroll- und Durchsetzungssystem zurück. Der vorgelegte Gesetzentwurf enthält die entsprechenden Durchführungsvorschriften, um die soziale Konditionalität in Deutschland einzuführen. Aus unserer Sicht muss bei dem Gesetzentwurf und vor allem bei der dann zu erfolgenden Ausgestaltung durch entsprechende Verordnungen sichergestellt werden, dass durch die geplante Überprüfung der Einhaltung der sozialen Konditionalität nicht zusätzliche bürokratische Belastungen für die Landwirtinnen und Landwirte entstehen. Gleichzeitig darf es durch die geforderten Mitteilungen an die zuständigen Behörden nicht zu Verzögerungen bei der Auszahlung der EU-Mittel an die Landwirtinnen und Landwirte kommen.
Zweites Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Ziel dieses Gesetzentwurfs der Bundesregierung – den wir in dieser Woche abschließend beraten – ist es, Schwangere vor Schwangerschafts-konfliktberatungsstellen und Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen vor Belästigungen durch Abtreibungsgegner schützen. Dazu soll vor den Einrichtungen und Beratungsstellen eine Bannmeile von 100m errichtet werden. Darin soll es z.B. unzulässig sein, Schwangeren das Betreten durch bereiten eines Hindernisses absichtlich zu erschweren, der Schwangeren entgegen ihrem erkennbaren Willen durch Ansprechen die eigene Meinung zu ihrer Entscheidung über die Fortsetzung der Schwangerschaft aufzudrängen, die Schwangere zu bedrängen, einzuschüchtern oder auf andere vergleichbare Weise erheblich unter Druck zu setzen, oder ihr Informationsmaterialen zu übergeben, wenn diese unwahre Tatsachenbehauptungen enthalten oder die Schwangere verwirren oder beunruhigen könnten. Wir sehen diesen Gesetzentwurf kritisch. So bestehen zunächst erhebliche Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der Maßnahmen. Im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Deutschen Bundestag wurden diese von unseren Sachverständigen bestätigt. Die vorgesehenen Regelungen führen überdies zu einer unverhältnismäßig starken Einschränkung der Meinungsfreiheit. Weitere Maßnahmen des Gesetzentwurfes sind bereits nach geltendem Recht strafbar und führen zum Eingreifen von Polizei und Ordnungsbehörden vor Ort (bspw. Versperrung des Zugangs zu den Einrichtungen, Beleidigungen und Nötigungen). Darüber hinaus bestätigt eine Länderabfrage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dass es sich in Deutschland bei den Protestaktionen ausschließlich um (religiöse) Mahnwachen handelt. Das Vorkommen der in der Debatte von den Vertretern der Ampelkoalition beschriebenen Szenarien verstörender und aggressiver Protestaktionen kann nicht belegt werden.
3. Wichtige Termine und Ausblick
- Inland:
- Juli: Eurostat veröffentlicht Inflation Euroraum im Juni,
- Juli: Deutscher Landfrauentag mit BPräs Steinmeier, MP Günther, BM Özdemir, BM Paus,
- Juli: Eröffnung des Synagogenzentrums in Potsdam mit BK Scholz, MP Woidke, BPräs Steinmeier,
- Juli: Einweihung des Militärrabbinats und Übergabe der Torarolle durch BM Pistorius,
- Juli: BK Scholz spricht bei der Festveranstaltung 75 Jahre Verband kommunaler Unternehmen,
- Juli: BK Scholz zum Bürgerdialog und Wahlkampfauftakt in Weimar,
- Juli: Sommerinterview mit Chrupalla (ARD) und Weidel (ZDF).
- Außen/EU:
- – 3. Juli: Notenbankkonferenz der Europäischen Zentralbank,
- Juli: BK Scholz zu deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Warschau,
- Juli: neue niederländische Regierung wird vereidigt,
- Juli: Parlamentswahl im Vereinigten Königreich,
- Juli: zweite Runde der Parlamentswahlen in Frankreich.